: Diätenbeschluß unter Beschuß
■ Mehrere Bundesländer wollen Zustimmung verweigern. Erforderliche Zweidrittelmehrheit im Bundesrat fraglich
Hannover (taz) – Die Zustimmung des Bundesrates zur Diäten- Verfassungsänderung ist nach Auffasung der niedersächsischen Landesregierung keineswegs sicher. Die vom Bundestag mit den Stimmen von CDU und SPD beschlossene Grundgesetzänderung, die die Grunddiäten der Bonner Abgeordneten an die Bezüge von Bundesrichtern koppelt, nannte ein Sprecher der niedersächsischen Landesregierung gestern „verfassungspolitisch bedenklich“. Zwar wollten das Land Niedersachsen oder Ministerpräsident Schröder nicht in die ureigensten Angelegenheiten des Bundetages eingreifen, erklärte der Regierungssprecher. Da es jedoch im Vorfeld der am Donnerstag beschlossenen Grundgesetzänderung keine Kontakte zwischen den Bonner Fraktionen von CDU oder SPD und den Bundesländern gegeben habe, könnten diese sich nun nicht auf den Grundsatz der Nichteinmischung in Diätenangelegenheiten berufen.
Der Regierungsprecher verwieß darauf, daß eine Zustimmung zu der verfassungsändernden Diätenregelungen von den rot-grün- regierten Bundesländern, von Hamburg und vom SPD/FDP-regierten Rheinland-Pfalz ohnehin nicht zu erwarten sei. Da außerdem neben Niedersachsen auch Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen der Grundgesetzänderung in eigener Sache kritisch gegenüberständen, sei ein Scheitern des Gesetzesvorhaben im Bunderats durchaus möglich. Wenn nur eines dieser von der SPD alleinregierten Länder zusammen mit den Koalitionregierungen der Verfassungsänderung die Zustimmung verweigere, komme die notwendige Zweidrittelmehrheit im Bundesrat nicht mehr zustande.
Bei ihren Bedenken bezieht sich die niedersächische Landesregierung auf das Bundesverfassungsgericht. Die Karsruher Richter hatten sich in ihrem Diäten-Beschluß aus dem Jahre 1975 auf Artikel 20 des Grundgesetzes berufen, der zum nicht änderbaren Kern des Gesetzes gehört. Das Bundesverfassungericht verlangte damals, „daß der Willenbildungsprozeß im Parlament, der zur Festsetzung der Höhe der Entschädigung führt, für den Bürger durchschaubar ist und das Ergebnis vor den Augen der Öffentlichkeit beschlossen wird“. Jürgen Voges
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