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Meister wird nur der FCB

Garantiert subjektive Gedanken aus der Fankurve: Bayerisches Hoffen und Leiden beim 1:0 über Leverkusen  ■ Aus München Denise Posayanant und Adrian Mühlbauer

Von wegen Langeweile! Spannender als vor diesem siebten Spieltag konnte der Blick auf die Tabelle der Fußball-Bundesliga doch gar nicht sein: Ganz oben der FC Bayern mit sechs Siegen aus sechs Spielen, was will das bayerische Fußballherz mehr!

Und heute kommt Bayer Leverkusen ins Olympia, die einzige Mannschaft außer dem FCB, die noch kein Spiel verloren hat. Doch heute wird es soweit sein. Klar, in der Werkself stehen auch ein paar, die mit dem Ball umgehen können. Aber erstens ist Wiesnzeit und Bayern damit daheim unschlagbar, und zweitens spielt ja bei uns der Jürgen. 3:2, das wär unser Wunschergebnis. Der Schuster haut aus 35 Metern einen Freistoß in den Winkel, Rudi, der alte Fuchs, locht ein, und bei uns trifft Klinsmann zweimal und der Helmer macht ein Kopfballtor. So stellen wir uns das vor. Der Kollege vom russischen Fernsehen neben uns erzählt noch was vom Duell zwischen Rudi und Jürgen, dann geht es schon los.

Nach zehn Sekunden attackiert Klinsi Rodrigo. Klar, die Burschen wollen es heute wissen. Wer denkt schon noch an Düsseldorf? Außerdem: Als Pokalsieger und Meister müßten die Bayern eh in der Champions League antreten. Also.

Sforza hat die erste Torchance im ausverkauften Stadion, ein rot- weißes Fahnenmeer wartet auf ein Fußballfest. Vergebens. Es passiert gar nichts. Thomas Helmer drischt das Leder in die Wolken, Jürgen – endlich! – wuselt sich durch, doch der Kopfball würde nicht mal den Torwart einer E-Jugend vor Probleme stellen.

Von Leverkusen ist gleich überhaupt nichts zu sehen, von Nationalspieler Christian Ziege nur ein saudummes Foul, für das er zu Recht die gelbe Karte bekommt. 63.000 verfolgen planloses Gestochere. Wir leiden und haben Mitleid. Mit dem Vater, der mit seinen vier Buben zwei Reihen über uns sitzt. Schön haben sie sich gemacht, sie tragen Bayern-Trikots, einer hat eine Fahne, der Papa sogar eine Mütze auf. In ihren Gesichtern steht Enttäuschung, und auch ihr Vater kann nicht helfen.

Otto, laß warmlaufen. Dieses Gegurke und Gewürge ist nicht länger zu ertragen. Als ob Rehhagel es gehört hätte: Nach 40 Minuten erhebt sich Mehmet. Dann hat Schiedsrichter Kaspar ein Einsehen. Der Halbzeitpfiff ist wie eine Erlösung. Als die beiden Mannschaften wiederkommen, ist bei uns Scholl dabei und mit ihm mehr Zunder in der Bude. Der FCB stürmt, hat eine Dreifachchance. Fach köpft beinahe ins eigene Tor, Ziege schießt, und nicht mal schlecht. Doch leider – der Anfangselan bleibt ein Strohfeuer. Uns stockt sogar der Atem, als Rudi Völler im Bayern-Sechzehner zu Fall kommt. Aber nein, Tante Käthe, der Schiri winkt ab, und uns ist wohler.

Das Spiel bleibt schlecht. Für Abwechslung sorgen nur ein Scharmützel zwischen Bayer-Trainer Erich Ribbeck und dem Unparteiischen und Dirk Heinen, der einen Kreuzer-Kopfball toll pariert. Trotzdem hätten wir das Spiel doch noch gewinnen können, wenn Helmer drei Minuten vor Schluß aus zwei Metern nicht über das Tor geköpft hätte. So aber bleibt's beim 0:0. Oder? Mehmet hat den Ball, 89. Minute. Er geht in den Strafraum, zwei Leverkusener an ihm dran, er fällt – ein Foul? Wir wissen nicht recht. Im Zweifel helfen wir uns halt mit der alten Weisheit weiter, daß es dann Elfmeter ist, wenn der Schiri...

Doch wer schießt? Mehmet nicht, der ist ja „gefoult“ worden. Jürgen schnappt sich den Ball. Ausgerechnet. Wir haben ihn schon einmal einen Elfmeter schießen sehen. Als wir in London waren. Tottenham gegen Liverpool. Die Partie endete torlos, weil Jürgen einen Elfer verschoß. Und jetzt? Wir sind uns sicher: Er trifft nicht. Klinsmann läuft an – Tor, Toooor und noch mal Tor!

Der Papa und seine vier Buben springen auf, sie strahlen über das ganze Gesicht. Geschafft, gewonnen. Vergessen ist die Qual der 90 Minuten. Und der Blick auf die Tabelle bleibt spannend.

Bayer 04 Leverkusen: Heinen - Fach - Wörns, Münch - Rodrigo, Lehnhoff (57. Rietpietsch), Schuster, Lupescu, Sergio (77. Feldhoff) - Kirsten, Völler (87. Ramon)

Zuschauer: 63.000 (ausverkauft)

Tor: 1:0 Klinsmann (89./Foulelfmeter)

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