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Gestufte Bobs vor Andy Warhol

■ Bremens HaarkünstlerInnen präsentierten vor illustrem Hintergrund Kreationen für die kalten Tage

Neues Museum Weserburg und der Zentralverband des deutschen Friseurhandwerks, Landesgruppe Bremen präsentieren: „Effekte '95/'96: Variationen für Herbst und Winter“. Obermeisterin Brigitte Seekamp, Fachbeiratsleiter Peter Ströbl und Nachwuchs-Figaro (“Art of Hair“) Stefan Hagens waren da, zwei Handvoll Models posierten vor Andy Warhol- und John Chamberlain-Werken, und Museums-Sekretärin Sigrid Schönecker gab den Wachhund vor Ort, in der dritten Etage der Weserburg. „Bitte auf keinen Fall anlehnen!“ ließ sie sich vernehmen, falls man ob der Frisur-Kreationen Herbst/Winter eventuell aus dem Gleichgewicht käme. Was haben Frisöre eigentlich im Museum verloren?

„Es gibt Parallelen zwischen der Kunst und Frisurenmode. Jede Frisur ist im Grunde ein Unikat. Und die Kunst repräsentiert den Zeitgeist“, sagt der vorzüglich frisierte Fachbeiratsleiter. Und sein Adlatus sekundiert: „Bislang haben wir uns immer im Restaurant „Strandlust“ vorgestellt. Aber man muß sich ja immer etwas Neues einfallen lassen.“ Denn irgendwie müssen ja auch Bremens Frisöre mitbekommen, was in der Wintersaison haarmäßig angesagt ist. „Der Zentralverband sagt, es wird ein Käfer gebaut, und die Landesinnung baut ein Lenkrad nach Wahl ein“, beschreibt „Art of Hair“-Mann Hagens den kreativen Spielraum der Bremer Innung.

Wie sehen sie denn nun aus, die mit Spannung erwarteten Kreationen für die kalten Tage? Für die Dame:Gestufte Bobs feiern ein erfolgreiches Comeback. Glatt frisiert und mit Seitenscheitel oder in der strukturierten Version mit lebhafter Silhouette – topmodisch sind beide Varianten. Üppige Locken, weiche Wellen und neue Weiblichkeit bilden die Erfolgsformel. Für den Herren: Legere Eleganz. Perfekt gestylte Haare und exakte Kurzhaarfrisuren bleiben ein Must. Hochgestellte Vorderkopfpartie und viel Glanz in den Haaren. Die James Dean-Frisur begeistert noch immer.

Soweit der Zentralverband. Ist aber jeder Friseur zum Künstler berufen? „Schneiden haben inzwischen alle gelernt“, sagt Ströbl. „Aber nicht jeder kann typgerecht beraten.“ – „Man arbeitet schließlich am Menschen“, ergänzt Obermeisterin Brigitte Seekamp. Vor Andy Warhols „Friedrich II.“ bei gleißenden Tageslicht-Scheinwerfern wird gerade eine Umwandlung vorgenommen. Die Mähne einer Langhaar-Blondine wird gezähmt, die übrigen Modelle schauen zu, kauen an ihren Lachs-Häppchen, nachdem sie fürs Regionalfernsehen prima frisierte Museums-Gäste simuliert hatten, die an der Kunst vorbeidefilieren.

Nachwuchsprobleme in der Branche? „Ja“, sagt Ströbl. „Nein“, widerspricht Seekamp. Die guten Leute fehlen, einigt man sich. Und dem Museum offenbar jede Mark. Zwar will man nicht jedem Verein Tür und Tor öffnen, aber im Oktober haben sich schon Manager von Kraft Jacobs Suchard angekündigt. „Die Kunst ist so stark, da kann man das vertreten“, sagt Weserburg-Kustodin Hanne Zech. Die Miete variiert je nach Veranstaltung, Kaffee und Kuchen sind aber bei der dreistelligen Summe im Preis drin. Aus einem Handwerk ist eine ernstzunehmende Kunstgattung geworden, ohne daß die Museumsmacher darauf entsprechend reagiert haben. Die Nase im Wind hat in Bremen wieder mal die Weserburg – aber bitte nicht anlehnen!

Alexander Musik

„Bremer Creativ teams zeigen Crazy stylings for the next generation“, 22.10., 20 Uhr, Modernes

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