■ UNO-Konferenz in Wien zum Einsatz inhumaner Waffen: Wie die Landminen loswerden?
Selbst wenn man die seltsamen Vorstellungen über Moral im Krieg voraussetzt, gibt es einen tiefen Widerwillen dagegen, daß Zivilisten massenhaft abgeschlachtet werden, die Tötung von Nicht-Kombattanten als legitimes Kriegsziel gilt.
Trotz dieser nur zu verständlichen Reaktion lehnt sich die internationale Gemeinschaft zurück und erlaubt, daß auch dieses Jahr mehr als 25.000 Zivilisten von einer einfachen und billigen westlichen Erfindung getötet oder verstümmelt werden. 100 Millionen Landminen warten weltweit auf ihre Opfer. 100.000 von ihnen werden jährlich beseitigt, 2 Millionen neu ausgesät. Vielleicht lassen uns die Opfer kalt, weil sie der armen Landbevölkerung in weit entfernten Gegenden angehören. Was auch immer das Desinteresse begründet, es ist Zeit, mit ihm Schluß zu machen.
Gestern hat in Wien eine UNO-Konferenz begonnen, die die Konvention gegen den Einsatz inhumaner Waffen überprüfen soll. Den Delegierten stehen verschiedene Optionen offen, das Problem zu mildern. Sie können fordern, daß die Minen einen metallischen Zusatz haben müssen, der sie leichter auffindbar macht. Sie können auf dem Einbau eines Mechanismus zur Selbstzerstörung bestehen. Sie können deutlich erkennbare Markierungen der Minenfelder anordnen und sie können die Lieferung an Länder verweigern, die der Konvention nicht beitreten.
Das sind sehr kleine Schritte. Aber die Hindernisse für ein Abkommen zum vollständigen Verbot der Produktion und des Vertriebs von Minen sind beträchtlich. Inhumane Waffen sind schon mehrfach verboten worden, aber noch niemals war eine von ihnen so weit verbreitet und die Technik zu ihrer Herstellung so leicht zugänglich wie im Fall der Landminen. Kann sein, daß die Hoffung auf ein durchsetzbares und umfassendes Verbot vergeblich ist.
Vielleicht sollten die westlichen Mächte auf einem Gebiet moralische Führung an den Tag legen, wo pragmatische Fortschritte zu erzielen sind. Wenn die USA sich dazu verstehen würden, auf Produktion und Vertrieb von Anti-Personen-Minen zu verzichten, könnten sie Druck auf andere Nationen ausüben, mit dem Minenhandel aufzuhören. Einige Lecks wären unvermeidlich, aber ein koordiniertes westliches Vorgehen könnte diesen Handel reduzieren.
Der Westen könnte moralisch vorangehen – und dies bei geringem Einsatz von politischem Kapital und ohne das Risiko militärischer Verwundbarkeit. Aber mit der Chance, etwas Gutes zu bewirken.
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