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„Wer meine Chemie hat, ist König“

■ Wie ein Fürther Erfinder durch ein umweltfreundliches und billiges Verfahren die deutschen Textildrucker retten will

Die deutsche Textilindustrie hat es nicht leicht. Seit Jahren schon überschwemmen asiatische Unternehmen den einheimischen Markt mit Billigprodukten. Sie bieten ihre farbig bedruckten Stoffe zum Preis von lediglich drei Mark pro Meter an, in Deutschland hergestellte Stoffe sind dagegen nicht unter 6,50 pro Meter zu haben. Viele Unternehmen kämpfen daher tagtäglich gegen die drohende Pleite. Mit dem Patent des Fürther Erfinders Thomas Kerle soll sich dieses Problem künftig erübrigen.

Kerle entwickelte eine spezielle Rezeptur, durch die es erstmals gelingt, normale Wasserfarben mittels Direktdruckverfahren innerhalb von 30 Sekunden bei einer Temperatur von 220 Grad mit Naturfasern wie Baumwolle, Seide oder Leinen zu verbinden. Das Revolutionäre an Kerles Entwicklung: Auf das bisher in der Textilbranche übliche Siebdruckverfahren mit mehreren Walzen – pro Farbe eine – kann verzichtet werden, die teuren Maschinenparks werden nicht mehr gebraucht. Kerle zufolge kommt dieses Trockendruckverfahren nicht nur wesentlich billiger – „der Preis pro Meter geht damit auf 2,63 Mark runter“ –, sondern hat auch einen bedeutenden ökologischen Vorteil: Durch das Trockendruckverfahren fallen keine Abwässer zum Reinigen der Walzen an, das Nachwaschen der Stoffe entfällt, Formaldehyde und Lösungsmittel werden nicht mehr gebraucht.

Viel Zeit, Schweiß und Tränen habe ihn die Entwicklung dieser Rezeptur gekostet, gesteht der fränkische Tüftler. Über vier Jahre arbeitete er an dem Verfahren. Im Mai dieses Jahres erhielt er für sein Verfahren den Umweltpreis 1995 von Commerzbank und impulse.

Nachdem Thomas Kerle die Tests für das neuartige Druckverfahren abgeschlossen hatte, versuchte er über zwei Jahre vergeblich, sein Verfahren den Stoffdruckereien schmackhaft zu machen. Schließlich wandte er sich gleich an Direktkonfektionäre. In dem Meßstettener Textilfabrikanten Paul Sauter fand er einen Partner, der nach erfolgreichen Tests heute ohne Wenn und Aber auf Kerles Verfahren setzt. Über 50 Patente hat der Mittelfranke bislang weltweit angemeldet. „Wer meine Chemie hat, ist der König“, preist sich Kerle, „damit retten wir den textilen Druck!“ Manuela Kripp-Dengler

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