: Ab ins Heim
■ SPD-Länder wollen Flüchtlingen aus Ex-Jugoslawien Sozialhilfe kürzen
Hannover (taz) – Bürgerkriegsflüchtlingen gönnt der niedersächsische Innenminister Gerhard Glogowski (SPD) weder die eigene Wohnung noch den schmalen normalen Sozialhilfesatz. In einem Schreiben an Bundesgesundheitsminister Seehofer hat Glogowski jetzt eine umgehende Verabschiedung des umstrittenen Ausländerleistungsgesetzes angemahnt, mit dem auch für die Bürgerkriegsflüchtlinge die Sozialhilfe gekürzt und von Bargeld auf Sachleistungen umgestellt werden soll.
Nach Auffassung von Glogowski soll mit dem Gesetz erstmals die Möglichkeit geschaffen werden, die vor allem aus Ex-Jugoslawien stammenden Bürgerkriegsflüchtlinge auch gegen ihren Willen „in Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften unterzubringen“.
Mit seinem Vorstoß gegen die Rechte der Bürgerkriegsflüchtlinge macht Glogowski auch gegen die SPD-Bundestagsfraktion Front: Die hatte kürzlich noch „entschiedenen Widerstand gegen Seehofers Absicht“ angekündigt, durch das neue Gesetz „auch Bürgerkriegsflüchtlinge in das Asylbewerberleistungsgesetz einzubeziehen“. Der Asylkompromiß hatte die Bürgerkriegsflüchtlinge noch von der Sozialhilfekürzung ausgenommen.
Für die niedersächsische Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der Ausländerkommission, Hulle Hartwig, trägt das neue, für Asylsuchende und Bürgerkriegsflüchtlinge gleichermaßen geltende Ausländerleistungsgesetz „eindeutig rassistische Züge“. Das Gesetz diene nur der Abschreckung von Flüchtlingen. Die Landtagsabgeordnete forderte Glogowski auf, von einer Position Abstand zu nehmen, die keinen Unterschied mehr zwischen einer SPD- und CDU- Flüchtlingspolitik kenne.
Aus Glogowskis Schreiben an Horst Seehofer geht allerdings hervor, daß die meisten SPD-regierten Länder ihren Widerstand gegen das Ausländerleistungsgesetz aufgegeben haben, das auch bei Bürgerkriegsflüchtlingen auf Abschreckung durch Sammelunterbringung und Sozialhilfekürzung setzt. „Die Mehrzahl der Länder unterstützt die Grundzüge des Referentenentwurfs“ für ein Ausländerleistungsgesetz, teilt Glogowski dem Bundesgesundheitsminister mit. Nur noch das rot-grün-regierte Hessen sei gegen das Ausländerleistungsgesetz, erklärte das niedersächsische Innenministerium. Jürgen Voges
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