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Gerettet – oder was?

■ Alles rätselt, was der Käufer der „Wochenpost“ vorhat

Zunächst ging ein Aufatmen durch die Berliner Redaktion der Wochenpost, als sich am letzten Freitag der Wirtschaftsanwalt Dietrich von Boetticher als Käufer des einstigen Ostblattes vorstellte (siehe taz-Wirtschaftsteil vom 23.9.). Schließlich hatte man in der letzten Zeit mehr und mehr gebangt, Gruner + Jahr könne das defizitäre Objekt jederzeit abwickeln – ähnlich wie den gescheiterten Tango. Schließlich hatte die WoPo unter dem neuen Chefredakteur Matthias Döpfner weiter Abonnenten verloren (in den letzten vier Quartalen allein 10.000). Bisher kostete das Gruner + Jahr über 30 Millionen.

Und jetzt kommt ein Käufer, der sogar am Kreuzberger Oranienplatz schon ein Haus gekauft hat: für die WoPo und den Ex- DDR-Buchverlag „Volk und Welt“, den er (neben dem Frankfurter Luchterhand Verlag) ebenfalls vor der Pleite retten will. Also offenbar kein Abwickler. Auch daß Gruner + Jahr 25 Prozent der Anteile behält und das Vertriebs- und Anzeigengeschäft weiter besorgen will, beruhigt. Für letzteres hat der Wirtschaftsanwalt weder Know-how noch Infrastruktur. Dafür verfügt er offenbar über Geld – mehr, als ein in Deutschland und den USA zugelassener Anwalt verdienen dürfte. Die Rede ist von Immobiliengeschäften, aber darüber wissen selbst Branchenexperten wenig.

Teurer als der Kauf (er soll „eine siebenstellige Summe“ gekostet haben) dürfte Boetticher der Betrieb der Wochenpost kommen, die 7 bis 8 Millionen pro Jahr verliert. Ein reiner Mäzen ist er nicht, also soll das Blatt nach fünf Jahren in den schwarzen Zahlen sein – das hat er der Redaktion mitgeteilt. Wohl aber ist er ein Geschäftsmann, der sich mit 53 Jahren noch einmal „verwirklichen“ möchte. Und das eben publizistisch.

Fraglich ist nur, ob er dafür ein Konzept hat. Außer der Idee, kleinere intellektuelle Blätter und Verlage vor dem Sterben zu „bewahren“. Und die künftige WoPo- Chefredaktion? Der linksliberale Mathias Greffrath, letztes Jahr von Gruner + Jahr als Chefredakteur abgelöst, würde, so sagt er, „nicht ein zweites Mal in denselben Fluß springen“. Boetticher hat jetzt seinem Nachfolger, dem neokonservativen Matthias Döpfner, einen längerfristigen Vertrag angeboten. Und der will sich erst noch entscheiden.

Doch soviel steht fest: Beide Chefredakteure haben, konfrontiert mit dem ganz unterschiedlichen Publikum in Ost und West, kein Rezept für eine gesamtdeutsche Qualitätszeitung mit genügend LeserInnen gefunden. Und es gibt kein Anzeichen dafür, daß zu diesem Dilemma dem Wirtschaftsanwalt Neues eingefallen ist. Michael Rediske

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