piwik no script img

60 Milliarden Mark Steuergelder verschleudert

■ Steuerzahler-Bund präsentiert Liste der 99 schlimmsten Verschwender

Berlin (taz) – Die Sache mit dem Großrechner in der Hamburger Gesundheitsbehörde war schon oberpeinlich: Da schafften sich die Beamten für eine satte Million Mark einen Großrechner zur „Unterstützung von Fachaufgaben“ an. Und mußten das teure Stück nach sechs Jahren als „veraltet“ verschrotten – ohne es auch nur einmal benutzt zu haben. „An Dreistigkeit nicht zu überbieten“, urteilt der Bund der Steuerzahler (BdSt) über den Hamburger Fall. Der BdSt präsentierte gestern das 23. „Schwarzbuch“ mit 99 Fällen öffentlicher Verschwendung.

Aus den Berichten von Rechnungshöfen und Zeitungsberichten bastelt der BdSt sein alljährliches Schwarzbuch, das Bürgermeister und Amtsleiter zittern läßt. Wenn man davon ausginge, daß nur fünf Prozent der öffentlichen Ausgaben unwirtschaftlich seien, ergäbe sich eine Verschwendung von 60 Milliarden Mark jährlich, erklärte gestern der BdSt-Präsident Karl Heinz Däke.

Auf der schwarzen Liste landete die fehlgeplante Mammutmülldeponie in Bielefeld/Herford (130 Millionen Mark) ebenso wie die Krötentunnel in Waldalgesheim bei Worms, die mit rund 800.000 Mark auch den Bürgern vor Ort zu teuer sind.

In Bertikow bei Brandenburg wurde eine Windkraftanlage wieder abgerissen, weil sie zu laut war. 500.000 Mark, buchstäblich in den Wind geschossen. In Aschaffenburg bauten die Planer ein schmuckes Klohäuschen für das Personal des städtischen Nahverkehrsbusses: 310.000 Mark, einfach so die Klospülung runter.

Die großen Summen fallen vor allem bei Baufehlplanungen an. So moniert der BdSt den geplanten „Deisterpark“ in Bad Münder. Das konzipierte Gewerbegebiet wartet noch auf Investoren und könnte am Ende den Steuerzahler leicht 30 Millionen Mark kosten.

Verschwendung gäbe es im Westen genauso wie in den neuen Bundesländern, rückte Däke einschlägige Vorurteile zurecht. Der BdSt fordert eine Ergänzung des Strafgesetzbuches um den Tatbestand der Amtsuntreue. Das bisherige Sanktionsinstrumentarium reiche nicht aus, wirksam gegen Steuergeldverschwendungen vorzugehen. Vor allem die fehlenden Verantwortlichkeiten im öffentlichen Dienst förderten die Vergeudung, so Däke.

Der BdSt hat bundesweit 400.000 Mitglieder, vor allem Selbständige und Freiberufler. Sie finanzieren mit ihren Beiträgen die etwa 200 MitarbeiterInnen, die Steuerverprasser durch eine wirksame Öffentlichkeitsarbeit an den Pranger stellen und damit zur öffentlichen Ausgabedisziplin beitragen wollen. Das beste Gegenmittel aber wäre, so Däke, „den Staat mit weniger Geld auszustatten“. BD

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen