: Jäger 90 bringt SPD auf 180
■ Der Eurofighter sorgt für neuen Streit bei den Sozialdemokraten: Ministerpräsidenten wollen den Kampfflieger sofort – koste er, was er wolle. Ihr schlagkräftiges Argument: Arbeitsplätze. Die Bundestagsfraktion ziert sich noch
Berlin (taz/AFP) – Neue Subventionen und schnelle Rüstungsaufträge, oder unsere Angestellten gehen zu Tausenden – mit diesem Erpressungsversuch bringt die Dasa vor allem die SPD in die Bredouille. Während die sozialdemokratischen Landesfürsten munter mit der Union und der Dasa-Führung kungeln, hat die SPD-Fraktion im Bundestag das Rechnen noch nicht verlernt. Vor allem das neue Drängeln der Rüstungslobbyisten auf eine schnelle Entscheidung für den Jagdflieger „Eurofighter“ wurde von den Sozis kritisiert. „Es ist immer verkehrt, wenn Rüstung Jobs retten soll“, sagte Finanzexpertin Ingrid Matthäus-Maier, „öffentliche Aufträge im zivilen Bereich sind arbeitsplatzintensiver. Es ist nicht hinnehmbar, wenn der ,Moloch‘ Dasa ständig vom Staat gefüttert wird und trotzdem schrumpft.“
Allein die Entwicklungskosten für den Eurofighter sollen 7,4 Milliarden Mark betragen. 140 Flieger will die Bundeswehr bestellen, jeder einzelne soll 130 bis 150 Millionen Mark kosten. SPD-Chef Rudolf Scharping forderte zwar, daß die Luft- und Raumfahrtindustrie als „strategische Schlüsselindustrie in Deutschland“ erhalten bleibt. Vor der Entscheidung über die Anschaffung des Eurofighters müsse aber erst ein schlüssiges Gesamtkonzept zur Verteidigung erarbeitet werden. Die Abstimmung im Bundestag steht bisher für Mitte 1996 auf dem Plan. Dazu, daß die SPD-Ministerpräsidenten im Einklang mit der Union eine frühere Entscheidung fordern, meinte Scharping mit Blick auf den Niedersachsen Gerhard Schröder: „Da kenne ich nur einen.“
Bayern-Fürst Edmund Stoiber kennt jedoch noch mehr: Immerhin waren auf dem Dasa-Treffen am Montag in München neben Schröder auch die SPD-MinisterpräsidentInnen Heide Simonis, Manfred Stolpe, Henning Scherf, Henning Voscherau und Kurt Beck für eine schnelle Unterstützung der Dasa. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Beck sieht einen direkten Zusammenhang zwischen „öffentlichen Hilfen“ und dem Erhalt von Arbeitsplätzen in der Bundesrepublik: „Darauf werden wir pochen.“ Entscheidungen dürften nicht zu einer Abwanderung in andere Länder führen.
Die Bündnisgrünen lehnen den Bau des Eurofighters dagegen entschieden ab. Das teure Vorhaben sei weder aus militärischen noch aus wirtschaftspolitischen Gründen zu rechtfertigen, sagte die sicherheitspolitische Sprecherin der Fraktion, Angelika Beer, gestern: „Wer Arbeitsplätze stabilisieren will, indem er Wahnsinnsprojekten grünes Licht gibt, wird auf Dauer keinen Erfolg haben.“ Für die Dasa lägen „die Arbeitsplätze der Zukunft in zivilen Projekten, wie Satelliten zur Umweltbeobachtung oder ökologisch vertretbaren Antriebssystemen“, sagte die Forschungsexpertin der Bündnisgrünen, Simone Probst. Tagesthema Seite 3
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