Mit Multikulti-Wochen auf Du und Du
: „Reine Alibifunktion“

■ Evangelische Kirche hält Kirchenasyl für sinnvoller als „Woche des ausländischen Mitbürgers“

„Ich finde solche internationalen Wochen zwar ganz nett, aber die Veranstaltungen dort bringen es überhaupt nicht mehr“, glaubt Peter Bick, Öffentlichkeitspastor bei der Bremischen Evangelischen Kirche. Fraglich erscheint ihm somit auch Sinn und Zweck der momentan laufenden „Woche des ausländischen Mitbürgers“, auch wenn sie auf Initiative der Kirchen zurückgeht. „Es gibt nicht mehr diese Leichtigkeit des multikulturellen Grillens“, so Peter Bick. „Die Aufbruchstimmung von früher fehlt.“

Und Pastor Bick geht noch weiter: „Zum Teil haben solche Veranstaltungen, wo sich immer die selben Leute, die selben Berufsintegrierer treffen, eine reine Alibifunktion.“ Man habe zwar das Gefühl, etwas getan zu haben, „aber das, was wirklich wichtig ist, bleibt liegen.“ Nötiger sei beispielsweise ein vernünftiges Einwanderungsgesetz und Härtefallregelungen für Ausländer. „Unser Beitrag zur Woche des ausländischen Mitbürgers hier in Bremen ist, daß wir zehn armenischen Christen Kirchenasyl gewähren.“

Dagegen ist Ursula Huf, Kulturreferentin beim Dachverband der Ausländer-Kulturvereine in Bremen (DAB), überzeugt, daß „fast jede interkulturelle Initiative, die Informationen und Erlebnisse beinhaltet, gut ist“. AusländerInnen zum Thema zu machen, sei in den vergangenen Jahren sehr viel schwieriger geworden. „Die öffentliche Meinung ist nicht gerade positiv in Bezug auf Einwanderer und Asyl“, sagt sie. „Massen von Menschen“ könne man zu den Veranstaltungen in Anbetracht der veränderten politischen Diskussion also nicht erwarten.

Ganz und gar nichts hält die Ausländerbeauftragte Dagmar Lill von den „jährlich proklammierten internationalen Wochen, wo schöne Sonntagsreden geschwungen werden.“ Eine Woche im Jahr sei zu wenig, nach zwanzig Jahren Migration sollte ihrer Meinung nach die interkulturelle Normalität zur Selbstverständlichkeit werden. „Es sollte eine tägliche Herausforderung sein“, betont sie.

Ein ähnliches Projekt, die Internationale Kulturwoche im Asylbewerberheim des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) in der Peenemünder Straße vor knapp zwei Wochen, ist nach Ansicht von Wolfgang Rumpf, der als Musiker mit der „Postmodernen Tanzkapelle“ dort auftrat, „ein reiner Flop“ gewesen. Er empfand die Stimmung als deprimierend und gedämpft. „Die Sozialarbeiter hingen – zumindest an dem Tag, wo wir da waren – deprimiert herum. Viele Leute konnten nicht herangezogen werden, auch waren nicht viele Deutsche gekommen“, so Rumpf. „Das Konzept der Veranstaltung war gut, aber bei so vielen unterschiedlichen Nationalitäten konnte man es den einzelnen nicht recht machen.“

Ganz anders beurteilt der Vorsitzende des ASB-Nord, Hans-Georg Schlodtmann, die Kulturwoche an der Peenemünder Straße: „Es war wirklich erfolgreich, auf gar keinen Fall ein Flop. Es gab lebhafte Diskussionen unter den Deutschen und den Ausländern.“ Stärker als vorher seien die AsylbewerberInnen jetzt motiviert, sich mehr nach außen zu wenden.

„Viele haben gefragt, ob man so eine Woche nicht wiederholen könne“, was nach Angaben von Schlotmann auf alle Fälle passieren wird. Gleichzeitig betont er aber, daß derartige Kulturwochen nur „ein Element sind, um dem Ruf einer stigmatisierten Straße zu verbessern. Es müßte viel mehr getan werden. Wenn sich das politische Klima nicht verändert, dann sind solche Aktivitäten nur Placebo.“ hau

Der DAB und die Initiative „Bremen – Land der vielen Kulturen“ beteiligen sich an der „Woche des ausländischen Mitbürgers“ mit verschiedenen Veranstaltungen. Unter anderem: Podiumsdiskussion zum Thema „Muslemische Nachbarn in der Neustadt“ (Do., 19 Uhr, Zionsgemeinde, Kornstraße 31); Benefiz-Konzert für Flüchtlinge (Fr., 19.30 Uhr, DAB-Gebäude am Schiffbauerweg 4).