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Pathetisch wie Krupp-Stahl

■ Ernste Deutsche und lustige Finnen im Schlachthof : „Die Krupps“ und „Waltari“ im Schlachthof

Bevor „Die Krupps“ vor ein paar Jahren ihre „Tribute to Metallica“-EP herausbrachten, verstanden sie sich auf prächtig tanzbare Industrial-Beats mit jenem zackigem teutonischen Flair. Der gilt zur Zeit im Ausland bei avantgardistisch empfindenden MusikliebhaberInnen als chic. Metal schien da fern, aber wer nun beim „Metallica“-Tribut parodistischen Schalk vermutete, war schief gewickelt. Die Mannen um Jürgen Engler hatten Blut geleckt. Was als einmaliges Experiment durchaus nicht ohne Reiz war, wurde fix zum neuen durchgängigen Stil der Band: Nur ab und an hämmern bei den einstigen Techno-Wegbereitern noch die Maschinen durch die Gitarrenwände.

Inzwischen tragen „Die Krupps“ genauso lange Haare wie „Metallica“, sind doppelt so pathetisch und dreimal so grimmig. Einen Höhepunkt auf diesem Kurs markierte ihre schwülstige Anti-Nazi-Single „Fatherland“ in echt deutschem Schulenglisch. Ihr neues Album „III – Odyssey of the Mind“ wurde von Tony Platt, der bereits für „Motörhead“ und „AC/DC“ Knöpfchen drehte, produziert, und Ober-Krupp Jürgen Engler ahnt schon, daß er wieder mal Bedeutendes geschaffen hat. Um die Abschaffung aller Grenzen in der Musik ginge es ihm.

Ähnlich wenig Respekt vor Grenzen haben die finnischen „Waltari“, die am Samstag vor den „Krupps“ im Schlachthof spielen. Im Gegensatz zu den Germanen gehen sie allerdings weitaus fröhlicher, unterhaltsamer und origineller vor. Ihr 92er-Album „Torcha!“ war das beste „Faith No More“-Album, das „Faith No More“ nie gemacht haben. Danach versteiften sie sich ein wenig auf Techno, verarbeiteten aber auch traditionelle finnische Volksmusik mit vielen Ä's in den Texten. Und warum ihr Metal/Dancefloor/HipHop-Cover von Madonnas „Vogue“ kein internationaler Top Ten-Hit wurde, ist eins der letzten großen Rätsel unserer sonst so entmystifizierten Welt.

A. N.

Mit „Econoline Crush“ am Samstag um 21 Uhr im Schlachthof

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