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Diepgen wahlkämpft mit Schreckschußpistole

■ Wehrpflichtige sollen in der Polizeireserve dienen / Vorschlag untauglich

Wehrpflichtige sollen künftig ihren Ersatzdienst nicht nur bei der Feuerwehr und im Katastrophenschutz ableisten können, sondern auch bei der Polizei. Dies schlug gestern der Regierende Bürgermeister Diepgen vor. Er könne sich vorstellen, daß eine bestimmte Zeit in der Freiwilligen Polizeireserve (FPR) als Wehrdienstzeit angerechnet werden könne. Gemeinsam mit anderen Bundesländern, die ebenfalls über eine Bereitschaftspolizei verfügen, müsse eine entsprechende Bundesratsinitiative angestrengt werden.

Offenbar hat der Regierende, der am 22. Oktober wiedergewählt werden will, sich seinen Vorschlag nicht richtig überlegt. Eine ähnliche Bundesratsinitiative ist nämlich im Juni vergangenen Jahres im Bundesrat abgelehnt worden. Baden-Württemberg hatte vorgeschlagen, „Wehrpflichtige, die sich vor Vollendung des einundreißigsten Lebensjahres für zwölf Monate zum Dienst im Sicherheitshilfsdienst eines Landes verpflichtet haben, nicht zum Wehrdienst heranzuziehen“. Wie gestern der Sprecher des baden-württembergischen Innenministeriums sagte, habe sein Land diese Idee aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken nicht weiterverfolgt.

Diese Bedenken sind auch Diepgen bekannt. Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Hermann Lutz, hat nämlich im Juni letzten Jahres an die Ministerpräsidenten aller Länder schriftlich appelliert, die Bundesratsinitiative abzulehnen. Die Gewerkschaft der Polizei monierte eine Vermischung der Aufgaben von Militär und Polizei und trat „aus geschichtlichen, verfassungsrechtlichen und tatsächlichen Gründen“ für ein ziviles Berufsbild der Polizei ein.

In einer Presseerklärung heißt es, ein Wehrersatzdienst bei der Polizei sei ein „Bärendienst“. Im Gegenteil müßte der Personalmangel bei der Polizei mit „ausreichend fachlich qualifiziertem Personal“ behoben werden. In einer eventuellen Gefahrensituation könne ein schlecht ausgebildeter Hilfspolizist „dem Bürger naturgemäß nicht den Schutz und die Hilfe zukommen lassen, die dieser zu Recht erwartet“. Die ständige Beaufsichtigung der Hilfssheriffs durch vollausgebildete Polizeibeamte sei eine zusätzliche Belastung.

Der Sprecher des baden-württembergischen Innenministeriums riet auch davon ab, Hilfspolizisten wie in Berlin für den Schutz von Gebäuden einzusetzen. Die Ausbildung sei teuer, der Effekt gering. In Baden-Württemberg würden deshalb Gebäude nicht mehr von Mitarbeitern des „frewilligen Polizeidienstes“ bewacht, sondern nur noch von privaten Sicherheitsdiensten. Dirk Wildt

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