: Schnelle Jungs & Mädels
■ Gemeinnützige Jobvermittlung: ein Strohhalm für Arbeitslose und Umzugsgestreßte
Die meisten hassen ihn sowieso: den Umzug. Daß es noch eine Steigerung für diesen Haß gibt, merkt man erst, wenn zum Schlepptermin die FreundInnen absagen: „Das Kind zahnt..., der Rücken reißt..., die Migräne...“ Wenn dann die übrige Meute droht, ebenfalls wegzubleiben „falls wir nur zu dritt sind“, klingelt bei den „Schnellen Jungs“ das Telefon. Annette Friemel, Arbeitsvermittlerin und Kundenbetreuerin bei den „Schnellen Jungs“, kennt das schon.
Seit die Gesetzgebung auch private Arbeitsvermittler zuläßt, arbeitet die Sozialarbeiterin Friemel in einem neugeschaffenen Bereich des „Bremer Vereins für Jugendhilfe und Soziale Arbeit“: „Schnelle Jungs“ heißt die Neugründung einer gemeinnützigen Jobvermittlung, die übrigens auch „Mädels“ vermittelt. Sie behebt zwei Mängel auf einmal. Auf der einen Seite schickt sie der Umzugsgetreßten Verstärkung – oder dem Forscher, der seine Container für die Expedition nach Indien nicht selbst beladen will. Oder der alten Dame, deren Garten mal wieder gründlich umgegraben gehört. Auf der anderen Seite können die „Jungs“, die es auf dem normalen Arbeitsmarkt oft schwer haben, durch sie ein paar Mark zur Arbeitslosen- oder Sozialhilfe dazuverdienen. Völlig legal übrigens.
Irgendwann im Leben flog die Mehrzahl der „Jungs“ mal aus der Bahn. Krankheit oder Arbeitslosigkeit waren meist die Gründe. Nun greifen die zumeist Ungelernten nach dem Strohhalm: dem Aushilfsjob. Den bieten bislang vorzugsweise Privatpersonen. Tage- oder stundenweise. „Aber vielleicht ergibt sich mit mehr Firmenkontakten ja auch mal eine langfristige Anstellung“, hofft der Ökonom im Projekt, Rainer Schröder. „Ein paar kleinere Firmen arbeiten schon mit uns zusammen.“ Ismael „Isi“ Aksoy, einer der wenigen Männer, die sogar zum Putzlappen greifen, nickt. „Ein fester Job wäre das Beste.“
Wie die meisten in der Belegschaft ist Ismael Mitte zwanzig. Von der Vermittlungsagentur hörte er durch einen Bekannten. Der Rest war relativ einfach: Termin abmachen, hingehen, sich nach Talenten und besonderen Kenntnissen ausfragen lassen. Nun gehört er zum festen Stamm der Vermittelten – „seit er ein Telefon hat“, schränkt Annette Friemel ein.
Erreichbarkeit und Zuverlässigkeit der MitarbeiterInnen waren Kinderkrankheiten des Projektes. Sie führten dazu, daß sogar manche StudentIn in die Kartei aufgenommen wurde. „Die waren einfach zuverlässiger“. Mit diesem Problem hatte man allerdings gerechnet: Das war schon bei dem Berliner Vorläufermodell, der „Jobbörse“, so. „Mittlerweile ist das behoben. Es dauert einfach, bis man einen festen Stamm hat“. Rund 65 Personen stehen für die unterschiedlichsten ungelernten Arbeiten in der Kartei. Der eine oder andere „echte Gartenspezi“ sei schon darunter, sagen die MitarbeiterInnen anerkennend.
Anders als bei einer streng kommerziellen Arbeitsvermittlung legt der Verein Wert darauf, daß die ArbeiterInnen sich kennen. „Entsprechende Treffen führen wir meist als Informationsveranstaltung durch. Da geht es beispielsweise auch um den Umgang mit Kundenwünschen“, betont Rainer Schröder. Hier liegt bislang noch eine empfindliche Stelle im Projekt: „Manche AnruferInnen glauben, unsere Leute arbeiten wie ein Handwerksunternehmen. Aber das stimmt nicht.“ Wer bezahlt, ist auch für die Arbeitsorganisation vor Ort zuständig. „Dafür arbeiten unsere Leute auch wirklich preisgünstig.“ ede
Das Arbeits- und Beschäftigungsprojekt „Schnelle Jungs“ des Bremer Vereins für Jugendhilfe und Soziale Arbeit ist unter Tel. 59 32 58 zu erreichen
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