: Monsieur Juppé läßt renovieren
■ Neue Vorwürfe gegen Frankreichs Ministerpräsidenten
Paris (AP) – Der französische Ministerpräsident Alain Juppé wird offenbar immer tiefer in den Pariser Wohnungsskandal hineingezogen. Die Zeitung InfoMatin veröffentlichte gestern ein Dokument, demzufolge Juppé als früherem Finanzchef der Stadt Paris weitreichende Vollmachten einräumt wurden. Bisher hatten die Ermittlungsbehörden stets erklärt, Juppé selbst sei nicht direkt mit Wohnungsangelegenheiten betraut gewesen. Bislang wurde kein offizielles Verfahren eingeleitet.
Der Pariser Steuerzahlerbund beschuldigt Juppé, die Miete einer städtischen Wohnung für seinen Sohn gesenkt und sein eigenes Appartement auf Kosten der Allgemeinheit renoviert zu haben.
Das veröffentlichte Dokument aus dem Jahr 1989 trägt die Unterschrift des damaligen Pariser Bürgermeisters und heutigen französischen Präsidenten Jacques Chirac. Darin erteilt Chirac seinem damaligen Amtsleiter weitreichende Vollmachten in den Bereichen Haushalt, Finanzen und Wirtschaftsentwicklung.
Das Dokument zeige, daß Alain Juppé genügend Spielraum für eigenständiges Handeln in Wohnungsangelegenheiten gehabt habe, schreibt die Zeitung. Der Pariser Steuerzahlerbund habe die Unterlagen der Staatsanwaltschaft zugeleitet, hieß es weiter.
Die Zeitung Le Monde berichtete unterdessen von der Aussage eines früheren Beamten der Pariser Wohnungsbehörde, die den heutigen Regierungschef ebenfalls belaste. Der Zeuge Christian Lancon berichte, er habe auf Juppés Bitte hin dessen Wohnung auf Kosten der Steuerzahler renovieren lassen, schreibt die linksliberale Zeitung.
Der seit der Wahl Jacques Chiracs als Staatspräsident amtierende konservative Ministerpräsident hatte in den vergangenen Wochen alle Anschuldigungen gegen ihn als „kleine politischen Intrigen“ zurückgewiesen.
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