Melkkühe mit Blähungen

■ Die Kleinen: "Autofahrer- und Bürgerinteressenpartei Deutschlands" (APD) sieht Berlins Zukunft auf der Straße - natürlich nur achtspurig und mit grüner Welle

Achtspurig soll er werden, der Tiergartentunnel. Und sich an beiden Enden weiter auffächern. Gigantische Betonbrücken mit je vier Autobahnspuren werden die Blechlawine weiter zu den Autobahnkreuzen tragen. Und sie dort in den Berliner Ring erbrechen. „Schön fließen wird das“, schwärmt Günter Schill von der „Autofahrer- und Bürgerinteressenpartei Deutschlands“ (APD).

„Wir sind nicht die Melkkühe der Nation“, heißt der Sinnspruch der knapp 100 Bleifüße, die mit fünf Kandidaten Stunk machen wollen im Berliner Abgeordnetenhaus. „Nach allen Regeln der Kunst werden Autofahrer abgezockt“, findet der Spitzenkandidat, der sein Geld mit der Überprüfung von Krananlagen verdient.

Von „unverschämter Parkraumbewirtschaftung“ oder dem „Schwachsinn einer autofreien City“ will Günter Schill nichts wissen. Mit 80 Milliarden Steuern behaupten Deutschland leidgeprüfte Autofahrer ihre Umweltsünden abgebüßt zu haben.

Weniger Autos statt Treibhauseffekt? „Demagogisch“ findet die APD solche Sprüche. Schließlich verursachten Kühe mit Blähungen maßgeblich das Ozonloch. Und Verkehrsberuhigung könne die Bürger ebenso gefährden wie überhöhtes Tempo. Erst neulich, erzählt Schill, habe er erleben müssen, wie die Berliner Feuerwehr zwischen gestauten Fahrzeugen und Blumenkübeln steckenblieb. Wer frische Luft und Ruhe haben will, der muß eben aufs Land ziehen, erklärt der APD-Chef. So einfach ist das.

Und wen es stört, daß jährlich 13.000 Kinder auf Deutschlands Straßen schwer verletzt und über 400 totgefahren werden, der sollte sich für Straßenbau einsetzen. Wieso? Weil nur eine breite Fahrbahn eine gute Fahrbahn ist. Günter Schill träumt von fußgängerfreien Expreßstraßen in der Berliner Innenstadt, von Brücken und Tunneln ohne lästige Fahrräder, von Autobahnen, so weit das Auge reicht. Denn wo kein Kind mehr übern Damm kommt, da kann auch keines überrollt werden. Oder?

Alternativen zum Auto sieht die APD nirgends. Die Bahn sei eine „nostalgische Sache“, die BVG „unattraktiv, langsam und schmutzig“. Unzumutbar fände es Schill, jeden Morgen in einer überfüllten U-Bahn zu stehen, wo er sich „das Gedudel anhören muß von Bettlern und Chaoten“, um schließlich festzustellen, daß man ihm „die Brieftasche geklaut“ hat.

Natürlich will er nicht in die rechte Ecke gestellt werden. Und hartnäckige Gerüchte, daß die APD zum Sammelbecken für abgehalfterte Reps geworden sei, dementiert Schill ungefragt. Aber Ordnung muß eben sein in Berlin. Deshalb Arbeitslose ab zum Autobahnbau. Und Asylanten sollen woanders unterkommen. Runter von den Straßen müssen natürlich auch die vielen Kriminellen, klar. Fragt sich bloß, welche. Constanze v. Bullion