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Vertrackte Symbolik

■ betr.: „Her mit den harten kleinen Euros!“, taz vom 2. 10. 95

Eine Nachricht in der taz hat mich ein wenig erheitert: Die neue europäische Geldwährung soll „Euro“ heißen, zumindest gäbe es gute Chancen dafür. Sollte sie denn tatsächlich unter diesem Begriff eingeführt werden, stelle ich mir schon jetzt den verstört-entgeisterten Gesichtsausdruck europäischer Unternehmer vor, wenn sie australischen Firmen Rechnungen schicken über – sagen wir mal – 50.000 Euros und die Aussies schicken als Bezahlung 50.000 Känguruhfelle! Absurd?

Eine der großen „Hüpfbeuteltier“arten Australiens ist das Bergkänguruh, auf australisch Wallaroo oder auch „Euro“ genannt (macropus robustus). Es hat im allgemeinen „schwarze Hände und Füße und lebt da, wo es hügelig ist oder wo Felsgruppen die Landschaft unterbrechen. Es scheint der Hitze und Trockenheit am besten zu widerstehen. ... Vor allem im Norden und Nordwesten des Kontinents (aber) sind Männchen oft rotbraun oder leuchtend rot...“ (lt. Grzimek). – Immer noch absurd?

Aber angenommen, wir Europäer könnten den Australiern – schon aus ökologischen und tierschützerischen Erwägungen heraus – begreiflich machen, daß wir nicht ihre Euros, sondern unsere Euros meinen, bleibt immer noch die vertrackte Symbolik! Wenn auch die robuste hitze- und trockenheitsbeständige Geländegängigkeit des Vorbildes verlockend erscheinen mag, aber ein schwarz- rotes Hüpfbeuteltier als Namensgeber für unser aller europäische Währung? Da lachen ja die Goldfüchse, Kröten und Rappen! Die großen Sprünge und das damit verbundene Auf und Ab des Euro kann platterdings kein Vorbild für eine stabile, vertrauenserweckende Währung sein. Und erst das vielfach auslegbare Sinnbild des Beutels...!

Wenn unser Finanzminister Waigel aufgrund seiner engen landsmannschaftlichen Verbundenheit all die Implikationen seines Kompromißvorschlages übersehen haben sollte, wollen wir nicht so engherzig darüber richten. Aber sage später niemand, er habe von nichts gewußt. Jörn Dörfel, Frankfurt/Main

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