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■ Völkermordtribunal für RuandaIm Schneckentempo und im Streit

Die internationale juristische Aufarbeitung des Völkermordes in Ruanda, dem im Frühjahr 1994 zwischen 500.000 und eine Million Menschen zum Opfer fielen, tritt auf der Stelle. Nach UN-Angaben ist die Finanzierung des Völkermordtribunals, das im tansanischen Arusha tagen soll, inzwischen gesichert, so daß Prozesse noch dieses Jahr mit der Ausstellung erster Anklageschriften beginnen könnten. Beteiligte aber sprechen eher von Mitte 1996 als Termin für den Beginn wirklicher gerichtlicher Arbeit. Zur Zeit werden laut UNO „in Afrika, Europa und Nordamerika“ Zeugen vernommen.

Inzwischen ist ein heftiger Streit zwischen der UNO und der Regierung Kenias ausgebrochen. Am 5. Oktober zitierte die Pressestelle des kenianischen Präsidenten Daniel arap Moi den Staatschef mit folgenden Sätzen: „Jedes Mitglied des Tribunals, das ins Land (Kenia, d. Red.) kommt, soll bei der Ankunft verhaftet werden ... Die Regierung Kenias wird keine Vorladungen vom Tribunal annehmen.“

Der Vorsitzende des Tribunals, der südafrikanische Richter Richard Goldstone, nannte dies einen Bruch des Völkerrechts und „eine Sache für den UN-Sicherheitsrat“. Ruandas Vizepräsident und Führer der „Ruandischen Patriotischen Front“ (RPF), Paul Kagame, kritisierte: „Präsident Moi ist nicht in der Position, Ruandas Probleme zu lösen“, sagte er am Dienstag. „Vielleicht teilt er dieselben Ansichten wie diese Verbrecher, die bis zu einer Million Menschen getötet haben. Er teilt ja eine ganze Reihe von Dingen mit ihnen.“ Damit spielte er darauf an, daß Kenia vielen hochrangigen Verantwortlichen des Völkermords Unterschlupf gewährt hat – unter anderem mehreren Ministern und Hassan Ngeze, Chefredakteur der zum Massenmord aufstachelnden ruandischen Zeitung Kangura.

Mois harte Aussagen kamen während eines Besuches von Burundis Staatspräsident Sylvestre Ntibantunganya, der sich schnell von seinem kenianischen Amtskollegen distanziert hat. Auch Moi hat inzwischen versprochen, Kenia werde niemanden „verstecken“, der „in Ruanda Leute umgebracht hat“. Explizit zurückgenommen hat er seine Drohung gegen das Tribunal aber nicht. D.J.

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