■ Das Portrait
: Scharpings Manager

Kurz bevor Franz Müntefering Ende 1992 zum Arbeitsminister in Nordrhein-Westfalen berufen wurde, gestand er einem Reporter dies: „Wenn ich durch die Dortmunder Innenstadt gehe, erkennt mich kaum ein Mensch.“

Das dürfte heute, nach drei Ministerjahren, nicht wesentlich anders sein. Nein, seiner öffentlichen Strahlkraft verdankt der 55jährige Sozialdemokrat gewiß nicht die Berufung zum Bundesgeschäftsführer der Sozialdemokraten. Für Parteichef Rudolf Scharping war Franz Müntefering nach dem Abgang von Verheugen aus anderen Gründen erste Wahl. In Dortmund steht Franz Müntefering seit drei Jahren dem mit 130.000 Mitgliedern größten SPD-Bezirk Westliches Westfalen vor. Und auf diese Truppe baut Rudolf Scharping beim SPD-Parteitag in Mannheim im November.

Das sozialdemokratische Fußvolk folgt zwar auch in Nordrhein-Westfalen nicht mehr blind den Vorgaben der Bezirksfürsten – zuletzt schaffte Matthiesen den Sprung an die Düsseldorfer Fraktionsspitze gegen den Widerstand aller Bezirksvorsitzenden –, aber daß Müntefering bei der Wahl auf dem Parteitag durchfallen könnte, ist so gut wie ausgeschlossen. Franz Müntefering, der neue SPD-BundesgeschäftsführerFoto: Jürgen Eis

Noch vor ein paar Tagen sah es so aus, als wolle der seit 1966 der SPD angehörende ehemalige kaufmännische Angestellte aus dem Sauerland dem Werben von Scharping nicht nachgeben. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Johannes Rau schaffte es offenbar, ihn umzustimmen. Gestern versprach der Bundesgeschäftsführer in spe, der vor seinem Wechsel nach Düsseldorf der SPD-Bundestagsfraktion als Parlamentarischer Geschäftsführer diente, die neue Aufgabe „zuversichtlich und mit Ausdauer“ angehen zu wollen. Zäh genug ist er. Parteiintern wird er wegen seiner „Zuverlässigkeit“ und seiner Fähigkeit, „Brücken zu bauen“, gerühmt.

Franz Müntefering gehört zu den wenigen in der SPD, die den Aufstieg ohne Abitur und Hochschulstudium schafften. Doch er ist mehr als nur ein braver Parteisoldat. Wenn es ihm wichtig erscheint, legt er sich auch schon mal quer zum Parteimainstream – etwa bei der Grundgesetzänderung für den UNO-Einsatz der Bundeswehr. In Düsseldorf gehörte er zu den entscheidenden, im Hintergrund wirkenden Konstrukteuren des rot- grünen Bündnisses. Diese Konstellation wäre ihm auch in Bonn die liebste. Walter Jakobs