piwik no script img

Waffenstillstand in Bosnien ab Mitternacht

■ UN bestätigen Einigung zwischen den Konfliktparteien: Ab heute soll die Waffenruhe gelten. Nach neuen Kämpfen 30.000 bosnische Serben auf der Flucht

Sarajevo/Brüssel (dpa/AFP) – Heute sollen in Bosnien die Waffen schweigen: Nach mehrtägigen Verschiebungen und einem Verwirrspiel in letzter Minute haben sich die Kriegsparteien auf einen landesweiten Waffenstillstand von Donnerstag früh 00.01 Uhr an geeinigt. Ein Sprecher der UN-Führung in Sarajevo bestätigte gestern abend, daß kurz zuvor das Einverständnis der serbischen Führung mit dem von Sarajevo vorgeschlagenen Termin eingegangen war.

Noch unmittelbar vor der Bekanntgabe des Termins hatte die bosnische Führung mit einer eigenmächtigen Fristverlegung für Verwirrung über eine mögliche erneute Verschiebung des Waffenstillstands gesorgt. Die Serben reagierten auf dieses Manöver jedoch nicht und übergaben der UN-Führung statt dessen innerhalb der ursprünglich festgelegten Frist die von „Außenminister“ Aleksa Buha unterzeichneten Dokumente für die Feuereinstellung.

Nach den Bestimmungen des bereits in der Vorwoche unter US- Vermittlung ausgehandelten Abkommens wird die Dauer des Waffenstillstands auf zunächst 60 Tage festgelegt, mit einer jederzeit möglichen Verlängerung. Die Kriegsparteien verpflichteten sich, innerhalb dieser Zeit Vorgespräche für eine Friedenslösung aufzunehmen, denen unmittelbar eine Friedenskonferenz folgen sollte. Gleichzeitig sagten die Serben zu, sofort nach Inkrafttreten des Waffenstillstands zwei Versorgungsstraßen zu öffnen, mit denen der zivile Verkehr von und nach Sarajevo sowie Goražde ermöglicht werden soll.

Die bosnische Regierung hatte das Inkrafttreten der Feuerpause am Dienstag abend wegen Mängeln bei der Energieversorgung Sarajevos erneut verschoben. Hintergrund der Verzögerung waren Beobachtern zufolge aber vor allem weitere Geländegewinne der Regierungstruppen und kroatischer Einheiten. In der Nacht zum Mittwoch meldeten die Regierungstruppen die Eroberung der serbisch kontrollierten Stadt Sanski Most.

Ein bosnischer Offizier sagte gestern, seine Soldaten würden ihren Vormarsch fortsetzen und spätestens am Nachmittag in Prijedor, 30 Kilometer nördlich von Sanski Most, sein. „Prijedor ist ein Symbol für uns. Unser Kampf hätte keinen Sinn, wenn wir diese Stadt nicht eroberten“, sagte der Offizier. Aus Prijedor war die mehrheitlich muslimische Bevölkerung 1992 vertrieben worden. Internationale Beobachter hatten in der Nähe zahlreiche Massengräber entdeckt.

In Prijedor trafen nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) am Mittwoch 30.000 Flüchtlinge ein. Weitere 10.000 Menschen wurden noch im Laufe des Tages im nordbosnischen Banja Luka erwartet.

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen