Unterm Strich

Kaum hat die Buchmesse in Frankfurt eröffnet, schon geht des Gestöhne und Geschiebe los. Der Kanzler war am Mittwoch da – „blätterte, plauderte und packte ein“ (dpa). Zwei Lastenträger hatte er im Schlepptau, denen er auflud, was er abstauben konnte: Ein zweibändiges „Lexikon der Weltgeschichte“, vier Bände „Deutsche Literatur“, ein großer Leipzig-Band, ein Buch über Aquarienfische, Victor Klemperers Tagebücher im Doppelband und eine schmales Bändchen mit dem Titel „Vadder kocht“. Zur Anschaffung eines Bauchtanzbuches – Untertitel: „Wellen des Körperglücks – konnte er sich dann aber doch nicht durchringen. Auch Herr Scharping war da, hatte allerdings nur einen Packesel mit. Auch er wurde „mit Literatur zuhauf beschenkt“. Unter anderem mit zwei bunten Büchlein des Titanic-Verlags, in dem Herr Scharping als rote Ziege eine tragende Rolle spielt. Das Buch von Uschi Glas – „Gesund, schlank und schön“ – lehnte er allerdings mit Hinweis auf seine Figur dan-

kend ab. In all dem Rummel verlor dann schließlich auch der dpa-Reporter die Übersicht, und behauptete keck, Scharping sei von vielen Besuchern um ein „Telegramm“ gebeten worden. Vielleicht stimmt das aber auch. Während die Politiker also publikumswirksam herumschlendern, werden die neuen Medien präsentiert. Zum Beispiel zwei – preisbedach-

te – CD-Roms fürs Kinderzimmer: „Bitte nicht stören“ – alles über Sex und Liebe für Jugendliche ab zwölf Jahren und „Der Fisch“ für Fünfjährige. Nach Auskunft des Verlegers lieben Kinder die Möglichkeit mittels Mausklick die Geschichte selbst zu steuern. Dem Vorsitzenden des Arbeitskreises Elektronisches Publizieren, Florian Langenscheidt, ist es egal, ob sich seine Söhne per Buch oder CD-Rom informieren. Und er ist überzeugt, daß die neuen Medien das Buch nicht verdrängen werden: Man müsse einfach „den Vier-B-Test machen: ob man das Medium im Bett, im Bad, im Bus oder am Badestrand lesen kann“.