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Endstation Humor

■ Premiere von O'Caseys „Das Ende vom Anfang“ im Schauspielhaus: Ein schlecht synchronisiertes Komiker-Paar macht aus dem Zwei-Personen-Repertoire-Hit abgestandenen Slapstick

Alleine den Kampf mit der Welt zu bestehen, das ist Folter. Gemeinsam wird die Lage zwar nicht besser, aber es bietet sich die Chance zum Lachen. Auf diesem simplen Trick basiert der Erfolg von Komikerpaaren wie Laurel & Hardy bis zu Jack Lemmon und Walter Matthau? Sean O'Casey hat zu diesem Zweck seinen skurrilen Einakter „Das Ende vom Anfang“ geschrieben. Gestern hatte er Premiere im Bremer Theater.

Eigentlich eine sichere Nummer, sollte man denken. Die Situation ist einfach und überschaubar, Lizzie Berrill (Margit Rogall) nimmt ihren Mann endlich beim Wort. Die Rollen werden getauscht. Sie fährt auf's Feld, die Ernte ein. Er kann die ach so leichte Hausarbeit übernehmen. Und das geht natürlich schief: Statt Betten zu machen, den Abwasch zu erledigen, legt Hausmann Darry (Peter Pagel) das traute Heim im Laufe eines Vormittag fast in Schutt und Asche, wird durch den Kamin geschleift, weil die Kuh am anderen Ende festgebunden ist und gießt zu allem Überfluß noch ein ganzes Faß Öl auf dem Fußboden aus.

Hilfreich zur Seite beim Kampf am Spülstein: sein Freund Barry (Volker Mosebach). Als Duo sind die Hausmänner eine noch wirkungsvollere Katastrophe und legen die Welt um sie herum in Scherben. So steht es in den Regieanweisungen.

Kaum beginnt das Tagewerk, verschwören sich die Dinge, Alles gerät ins Straucheln, weder Schnürsenkel, Glühlampen noch Besenstile wollen so, wie sie sollen. Eigensinnigkeit scheint den Gegenständen zu eigen und der Kampf mit dem Objekt beginnt. Beim Versuch, die Tiere zu füttern, schlägt Darry sich zuerst die Nase blutig. Um ihm zu helfen, stolpert Barry, mit dicker Brille blind wie ein Maulwurf durchs Haus, wirft Möbel um, räumt sämtliche Glaswaren von der Kommode, zerschlägt den Waschtisch und zerschneidet sich zum Schluß noch die Finger an Rasierklingen. Helfersyndrom mit fatalem Ausgang.

Das könnte komisch sein. In den meisten Fällen ist es das auch, nur nicht im Bremer Theater. Darry und Barry, die hier im Duo zusammengeschweißt sind, finden keinen Rhythmus. Ihre gegenseitigen Störmanöver haben keine ansteigende Dynamik, die zum Lachen zwingt. Über weite Strecken liegt das an Peter Pagel, der den Darry von vornherein mit viel zu großer Zappeligkeit spielt, die Szenen immer wieder verwackelt, bevor man verstehen könnte, worüber zu lachen wäre.

Beim ersten Unfall, der seinem Freund Hilfsbereitschaft und Opfer bis zur Invalidität abfordert, geht der Hausmann von vornherein mit solch dramatischen Blutschwall an den Start, daß eine Steigerung kaum noch möglich ist. Bei diesem rotgefärbtem Hemd wirken die abgeschnittenen Fingenspitzen des bebrillten Freundes nicht wie ein komisch-hysterisches Crescendo, sondern machen die ganze Szene zum Nachklapp.

Das ist schade, birgt doch Sean O'Caseys Stück aus dem Jahre 1937 eine gewisse Garantie für ein erfolgreiches Unterhaltungsstück im Repertoire.

Auch den Schauspielern des Ensembles könnte „Das Ende vom Anfang“ eine gute Gelegenheit bieten, endlich einmal ihr komische Talent zu zeigen. Hat man aber kein eingespieltes Komiker-Paar zur Verfügung, dann bräuchte es zumindest einen Regisseur, der es synchronisiert und die Choreographie der Gesten kontrolliert. Leider tut Carl-Hermann Risse dies nicht. Und so bleiben Darry und Barry in „Das Ende vom Anfang“ gleich am Anfang am Anfang stehen.

Susanne Raubold

Weitere Aufführungen, 20., 21., 26., und 27. Oktober um 20 Uhr.

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