: Tu felix Oldenburg!
■ Oldenburg hat's: eine Fahrradwaschanlage / Hinaus zum Härtetest!
Ist es der letzte Schrei? Oder wird eine schmerzende Marktlücke geschlossen? Oder beides? In Oldenburg hat vor zwei Monaten die erste vollautomatische Fahrrad-Waschanlage der Region ihren Betrieb aufgenommen. Zwei Waschgänge (Waschen mit oder ohne Bürsten, Klarspülen, Trocknen), vier oder sechs Minuten, sieben oder neun Mark – und man traut sich mit dem Rad wieder unter die Leute.
In Zeiten, da Radler bereit sind, tausende von Mark für das Fahrzeug und jährlich hunderte für Outfit, Versicherung, Schloß und Inspektionen hinzulegen, würden viele ihrem Rad hin und wieder eine Wäsche spendieren. Dachte sich der Oldenburger Fahrradhändler Bonnke und orderte die vier mal zwei Meter große Plexiglaskiste eines Nürnberger Herstellers, die seit Anfang des Jahres auf dem Markt ist. Um genau zu sein: ein betuchter Bonnke-Kunde finanzierte die Anlage, die an die 60.000 Mark kostet.
Acht bis zehn Wäschen pro Tag sind nötig, damit sich die Geschichte rechnet. Oldenburg ist von seinem Selbstverständnis her eine Fahrradstadt, und Bonnke ist mit dem Zuspruch zufrieden. Arbeit hat er mit der Waschanlage kaum – alle 200 Wäschen muß das Putzmittel gereinigt (zum Beispiel über einen Ölabscheider) bzw. entsorgt werden. Das System arbeitet ansonsten als geschlossener Kreislauf. Nur ein Stromanschluß muß fest installiert sein.
Eigentlich spart sich die Fahrradwerkstatt sogar Arbeit. Früher verlangten viele Kunden eine Handwäsche, und das war mühsam und brachte regelmäßig Ärger mit sich. Entweder die Wäsche war gründlich, dann war sie teuer (eine halbe Stunde a 24 Mark war schnell fällig). Oder die stolze Besitzerin fand noch Schmiere an der Felge und meckerte. Die Zeiten sind bei Bonnke vorbei.
Unser Fahrrad-Waschanlagen-Test wurde so vorbereitet: An einer unzugänglichen Stelle wurde ein bißchen „Spezial-Allzweckfett“ aufgetragen. Zweitens wurde in Oldenburg, welches eine ausgesprochen geleckte Innenstadt besitzt, ein Schlammweg gesucht. In einer Parkanlage wurde das Testrad mit braunem Schlamm beworfen. Es gab nichts mehr am Rad, das glänzte.
Räder auf ein Laufband gestellt, Fahrrad in eine Sattelhalterung eingehängt, Türen fest geschlossen, neun Mark für die Luxuswäsche und los. Die Reifen werden gedreht und mit roten rotierenden Bürstchen geputzt, das Rad wird eingesprüht, dicke blaue Wuschelbürsten arbeiten von beiden Seiten. Spülgang, Fön und fertig. Das Rad strahlt wie neu, der Dreck ist weg, nur die Fettecke ist noch da. Was womöglich ganz gut ist: zu viel Entfettung tut dem Rad nicht gut. Die Gangschaltung muß ohnehin sofort geölt werden, und auch die Kette könnte etwas Schmiere gebrauchen. Leider ist der Ledersattel naß, da hätte eine Tüte geholfen. Dafür sind Ritzel und Zahnkränze so sauber, wie der Tester sie von Hand noch nie hingekriegt hat. Einziges Problem: Das Rad ist glitschig, seifig. Das Spülwasser war offenbar verbraucht. Bekanntes Thema, sagt Fahrrad-Bonnke, wird umgehend abgestellt.
Im Unterschied zu Autowaschanlagen arbeitet die Fahrradwäscherei mit ganz niedrigem Druck, um kein Wasser in die Lager zu pressen. Der Hersteller Hochmuth hat jahrelang an den rechten Druckverhältnissen und Düsenstellungen experimentiert. Bisher stehen acht Anlagen in Deutschland, eine zum Beispiel in Buxtehude. Anlagen in Emden und Leer werden demnächst installiert. Derzeit arbeitet Hochmuth an einer Billigversion, die in bestehende Autowaschanlagen integriert werden kann. In Bremen gibt es noch keine Planungen, was komisch ist. Dreckige teure Fahrräder gibt es jedenfalls genug.
BuS
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen