: Die Kraft des Ungehorsams
Berlin (taz) – Jene, die Auschwitz und all die anderen Vernichtungslager überlebt haben, wissen nicht, warum gerade sie. Zufall, nichts als Zufall. Aber die etwa 1.500 Berliner Juden, die vor mehr als 52 Jahren, am 27. Februar 1943, schon für den Tod bestimmt waren, wissen es. Sie verdanken ihr Leben dem großen Mut ihrer nichtjüdischen Ehepartnerinnen oder Mütter.
Eine ganze Woche lang trotzten bis zu 6.000 Menschen, fast nur Frauen mit ihren Kindern, den Machthabern. Bei Tag und Nacht standen sie vor dem von den Nazis als Sammellager für in „Mischehe“ lebende Juden mißbrauchten Haus der Jüdischen Sozialverwaltung in der Berliner Rosenstraße 2–4. Sie riefen „Wir wollen unsere Männer wiederhaben“; sie riefen „Mörder“, und als die Polizei Maschinengewehre gegen sie auffahren ließ, riefen sie „ihr Feiglinge“. Ihr Protest, der einzige sichtbare und laute während der ganzen zwölf Nazijahre, war erfolgreich. Die Männer wurden tatsächlich freigelassen.
Gestern nun wurde endlich an diesem Eckchen zwischen Supeermärkten und Garagen für diese Menschen eingeweiht. Ingeborg Hunzinger, 79, eine in Ostberlin lebende Bildhauerin, hat das massige fünfteilige Esemble ohne staatlichen Auftrag, ganz und gar in eigener Initative gestaltet.
aku/Foto: Rolf Zöllner
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen