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Fisch blau oder grün?

Regelungerecht und recht unverdient siegen die Gladbacher 1:0 gegen Werder Bremen  ■ Aus Mönchengladbach Holger Jenrich

Die Weisheit ist am Bökelberg über Jahrzehnte tradiert, ehern und unumstößlich. „Ob Norden, Süden, Osten, Westen“, heißt es stets aus der Kabine des Stadionsprechers, wenn sich verschnaufende Kicker zur Halbzeit von ihren Vorgesetzten schurigeln oder streicheln lassen, „Beppos Frauen sind die besten.“ Möglicherweise wird diese Perle deutscher Poesie in ein paar Monaten leicht umgeschrieben werden müssen. Sollten nämlich die Gladbacher weiterhin derartigen Massel haben wie Sonntag abend gegen Werder Bremen, ist selbst die deutsche Meisterschaft kein Ding der Unmöglichkeit. Eine ganze Stadt stünde kopf, eine ganze Region ertränke in Fluten obergärigen Gerstensaftes. Und die Nightclub-Damen müßten Borussias Kickern als den besten zwischen Osten und Westen zumindest für ein paar Wochen Platz machen.

Über die Qualitäten von Beppos Etablissement vermag man allenfalls zu spekulieren. Die Qualitäten der Borussia hingegen sind zuletzt oft besungen worden: Abwehrkette, Konterspiel, Ballgefühl. Allein, gegen den Vize-Meister war von all dem nur wenig zu sehen. Statt die hohe Fußballschule zu demonstrieren, behandelten die Gastgeber den Ball, den ein regionaler Autoreifen-König der trotz etlicher Herrlich-Millionen offenbar noch immer darbenden Borussia gespendet hatte, auf eher rabiate Art und Weise. Mal wurde er planlos weggedroschen, mal als Kerze gen Himmel gepfeffert, mal zur Volksbelustigung in die einmal mehr proppevollen Zuschauerränge gepöhlt.

Manch krakeelender Fan wurde von derartigen Kastenmaier- oder Klinkert-Schüssen ohrenscheinlich schwer getroffen und seiner Wahrnehmungsfähigkeit beraubt. Ob, wie in einer Art ritueller Litanei immer wieder behauptet, die Gäste nun wirklich nach Fisch stanken, ließ sich vom Reporterplatz aus nicht verifizieren. Falsch lagen die Sangesbrüder auf jeden Fall in der farblichen Bestimmung der Werderaner: Die spielten in Blau und nicht, wie tausendfach behauptet, in Grün. Und sie spielten besser als die Borussen, technisch sauberer, taktisch abgeklärter und im Zweikampf kompromißloser. So kompromißlos, daß erst Keeper Reck nach einem dummen Zusammenprall, dann Abwehrchef Baiano und schließlich Käpt'n Eilts nach rotverdächtiger Sternkopf-Grätsche den Platz verlassen mußten.

Doch Kapital aus dieser Schwächung der Bremer Defensivabteilung zu schlagen, das vermochten die Gladbacher nicht. Also mußten die Gäste, die außer einem frühen Basler-Geschoß nach vorne auch nichts zustande gebracht, ein torloses Remis aber redlich verdient hatten, sich selbst besiegen. Als nämlich der gute Ersatzkeeper Rost und Wolter als Interims-Boss der Hintermannschaft sich irgendwie nicht einig wurden, wer denn den Ball wie wohin befördern sollte, sagte Effenberg unartig danke. Erst ein Schubser, dann ein Schlenzer, dann ein Schrei: Drin war die Kugel. Regelrecht regelgerecht war des Tigers Tat vielleicht nicht. Dafür aber ungemein clever, ungeheuer wichtig und spielentscheidend zudem – nach dem unverdienten 1:0 steht Gladbach glänzend auf Rang drei und erwartet für den Rest der Hinrunde ausnahmslos die vermeintlichen Graupen der Liga.

SV Werder Bremen: Reck (15. Rost) - Wiedener, Wolter, Baiano (48. Scholz), Bode - Eilts (72. Borowka), Cardoso, Votava - Basler, Hobsch, Bestschastnich

Zuschauer: 34.000

Tor: 1:0 Effenberg (80.)

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