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Dasa „total auf Krawall eingestellt“

■ Gewerkschaften lassen bisher nur die Muskeln spielen. Verkauf der MTU an Konkurrenten BMW Rolls-Royce?

Berlin (taz/dpa/AP) – Die Dasa-ArbeiterInnen trafen gestern zu Betriebsversammlungen zusammen, um das weitere Vorgehen gegen die geplanten Massenentlassungen bei der Daimler-Benz- Luftfahrttochter zu beraten. Nach Sitzungen an den einzelnen Dasa- Standorten erklärten Sprecher der Betriebsräte, die Reaktion bei den Kollegen reiche von totaler Frustration bis zu blanker Wut über den Dasa-Vorstand. Streiks sind denkbar, gedroht wurde der Geschäftsleitung damit jedoch nur indirekt. „Wir sind uns einig, daß wir Maßnahmen treffen müssen, die das Unternehmen auch treffen“, meinte der Bremer Betriebsratsvorsitzende Uwe Neuhaus.

„Wer die Stimmung auf der Betriebsversammlung miterlebt hat, weiß, daß diese Belegschaft zu allem bereit ist.“ Auch der Wirtschaftssprecher der Bremer SPD, Dettmar Leo, hat sich richtig erschrocken: „Ich war entsetzt, wie rüde die Geschäftsleitung den Mitarbeitern mitteilte: Wir setzen Dolores um. Die Belegschaft ist total auf Krawall eingestellt.“ Im Airbus-Werk Bremen sollen laut dem Dolores-Sparkonzept mit 1.100 fast die Hälfte der derzeitigen Stellen wegfallen.

Wie ein Dasa-Sprecher am Dienstag sagte, stehen die Schritte des Sanierungsplans im Detail noch nicht fest und sollen nun mit den Betriebsräten ausgehandelt werden. An dem Gesamtziel der Kostenentlastung und dem Zeitplan mache der Dasa-Vorstand aber keine Abstriche. Die Dasa prognostiziert für 1995 ein Minus von über einer Millliarde Mark.

Die Dasa-Betriebsratsvorsitzende Ingrid Lüllmann sagte, die Arbeitnehmervertreter werden sich um eine Korrektur der Pläne bemühen. Sie befürchte aber, daß es sich um eindeutige Beschlüsse handelt. Der Dasa-Vorstand will am 20. November endgültig über das Konzept beschließen. Die Dasa will ihre Kosten dem gesunkenen Dollarkurs anpassen. Die Zahl der MitarbeiterInnen in den Bereichen Luftfahrt und Antriebe (MTU) soll von 1996 bis 1998 um gut 8.000 Stellen auf 30.551 Arbeitsplätze sinken.

Die Werke Laupheim (Baden- Württemberg), Speyer (Rheinland-Pfalz) und Peißenberg (Bayern) sollen verkauft werden, um sie in „mittelständischen Strukturen“ weiterzuführen. Zudem wird ein Rückzug aus dem ostdeutschen Standort in Ludwigsfelde bei Berlin sowie aus Dresden erwogen.

Dasa-Vorstandschef Manfred Bischoff erwägt auch, den Triebwerks- und Motorenhersteller MTU mit gut 6.000 Beschäftigten an den bisherigen Konkurrenten BMW Rolls-Royce abzugeben. Bei der Vorstellung des Sparplans am Montag in München sagte er auch, die Dasa sei bereit, sich bei Dornier-Luftfahrt mit einer Minderheitsbeteiligung zu begnügen.

Die sächsische SPD-Landtagsfraktion hat die Landesregierung aufgefordert, sich für den Erhalt der zur Dasa gehörenden Elbe- Flugzeugwerke in Dresden einzusetzen. Ihr Wirtschaftsexperte Günther Lochbaum sagte: „Die Flugzeugbauer in Dresden sind in Gefahr, als Sündenböcke für offensichtliche Fehlentscheidungen des Dasa-Managements herhalten zu müssen.“ Ein Rückzug aus Dresden würde bedeuten, daß ein ostdeutscher Betrieb zugunsten des Erhalts wesentlich teurerer westdeutscher Werke geschlossen werde. rem

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