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Frauen sind zu gut Von Barbara Dribbusch

Mein Düsseldorfer Bekannter Friedrich C. ist Unternehmensberater und Frauenfeind, aber einer der ganz subtilen Sorte. Denn Friedrich ist keineswegs ein unangenehmer Zeitgenosse. Neulich trafen wir uns mal wieder im Bordtreff des ICE von Frankfurt nach Düsseldorf. Zufall. Friedrich hatte eine gelungene Präsentation eines Sanierungskonzeptes hinter sich und war genau in der richtigen Stimmung, sich zur Entspannung beim Prosecco den leichteren Themen zuzuwenden: Frauen in Führungspositionen zum Beispiel.

Ich hatte ihm erzählt, daß mein Schwager, Geschäftsführer, geklagt hätte, er fände einfach keine qualifizierte Frau für eine Abteilungsleiterposition. Seine beste Mitarbeiterin hatte höflich abgelehnt. „Das war Angst“, gab Friedrich seine Ferndiagnose ab, „Chef sein macht einsam. Und Frauen haben Angst vor der Einsamkeit. Frauen wollen geliebt werden, Männer wollen Macht.“ So was ähnliches hatte ich schon mal irgendwo gehört. Und wenn ich an meine Freundinnen B. und E. dachte, mußte ich ihm im Stillen sogar recht geben. Fürs erste.

„Was habe ich davon, Abteilungsleiterin zu werden? Nur Intrigen und langweilige Sitzungen!“ hatte B. damals vor drei Jahren gesagt. Als auch sie gerade eine Beförderung dankend verweigert hatte. Natürlich war sie geschmeichelt gewesen, daß der Chef sie gefragt hatte. Aber sie wolle lieber weiter „kreativ“ sein, nicht Kollegen anweisen und Dienstpläne basteln, behauptete sie. Und sonnte sich im Gefühl, irgendwie der bessere Mensch zu sein.

E. war genauso. Konrektorin in der Schule? Pah! Das sei was für ehrgeizige Spießertypen! Ihr ginge es um die pädagogische Arbeit mit den Jugendlichen, das „Inhaltliche“ eben. „Mit der Machtscheiße habe ich nichts am Hut.“ Dabei lehnte sich E. selbstzufrieden zurück. Auch sie hätte ja gekonnt, wenn sie gewollt hätte. „Weißt du, das ist mir Bestätigung genug.“ B. und E. waren die VorkämpferInnen gegen Hierarchien, für eine humanere Arbeitswelt! Dachten sie. Dabei waren sie einfach geblieben, was sie waren. Aber das fiel ihnen erst drei Jahre später auf.

B. ist nämlich inzwischen ganz schön eingeengt auf ihrem „kreativen“ Job. Der Zwischenchef, der ihr damals vor die Nase gesetzt wurde, sorgt dafür, daß sie von ihrem durchgenudelten Spezialgebiet nicht herunterkommt. Und E. hat die Schnauze voll von der immergleichen „inhaltlichen“ Arbeit mit SchülerInnen, die sowieso kein Schwein honoriert. Kurzum: Die beiden bereuen. „Chef sein ist ein Spiel. Vielleicht hatten wir damals nur Angst davor, ein bißchen mitzuspielen?!“

Friedrich kann ich das nicht erklären, als wir so im ICE dahinschnurren. Das mit der Angst nicht, das mit der Reue nicht und das mit dem Spiel nicht. Typisch für ihn, deutet er mein Schweigen als Zustimmung. Und will mich trösten, auf seine Weise: „Das ganze Gerede mit den Führungspositionen ist doch sowieso überholt. Mal ehrlich: Was gibt es rückständigeres als das Denken in Hierarchien? Was könnte konservativer sein als der Versuch, nun auch noch Frauen in Chefsessel zu drücken. Wo doch dort schon genug unfähige Männer herumsitzen, dem Peter-Prinzip sei's geschuldet! Frauen sind eigentlich zu gut für diese Jobs!“ Eben, eben. Zu gut. Zu gut.

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