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Frauen ab 50: erledigt?

■ betr.: „Der Singsang der Vergäng lichkeit“ von Petra Kohse, Litera taz vom 11. 10. 95

In Ihrer Besprechung von Elfriede Jelineks neuem Buch, die „Kinder der Toten“, krönen Sie Ihren Verriß mit einer geradezu unglaublichen Unterstellung: Sie behaupten, daß es sich bei der „fast fünfzigjährigen“ Autorin notgedrungen um ein „Auslaufmodell“ handele, deren radikalfeministische Ansichten sich inzwischen ebenso erledigt hätten wie ihre Weiblichkeit.

Abgesehen davon, daß die literarischen Sätze, die Sie in diesem Zusammenhang zitieren, nicht notwendigerweise die Meinung ihrer Verfasserin widerspiegeln, abgesehen davon, daß Jelineks Texte keine readymades für feministische Diskurse bereitstellen, die sich auf dem neuesten Stand einer zugegebenermaßen wichtigen Geschlechterdiskussion zu halten hätten – eine um die Moral des Feminismus so besorgte Rezensentin hätte doch vor diesem unsäglichen „Argument“ zurückschrecken müssen.

Vielleicht teilen Sie das nächste Mal mit, wo Sie Ihre deadline ansetzen! Kann sich der literarische Text einer 40jährigen noch auf der Höhe halten? Sollte ich als 36jährige aufhören, mich zu äußern? Vielleicht koordinieren Sie sich mit dem Arbeitsmarkt, der ja auch schon jüngere nicht mehr vermitteln kann.

Überdies würde ich gern Genaueres über den Zusammenhang von „Verklemmtheit“ und literarischen Verfahren wissen, den Sie in Ihrer Rezension so großzügig herstellen. Über Jelineks persönliche „Verklemmungen“ weiß ich als langjährige Leserin ganz und gar nichts und wäre, da Sie über psychopathologische Details zu verfügen scheinen, die ich mir auf dem Wege bloßer Lektüre nicht zugänglich machen konnte, für weitere Informationen dankbar. Wenn ich recht sehe, handelt es sich jedoch um eine Verklemmung, der wir den einen oder anderen guten Text verdanken!? (Jelineks neuen Roman würde ich unbedingt dazuzählen.) Oder würden Sie einen unverklemmten „Thomas Bernhard“ lesen? Juliane Vogel, Wien/Österreich

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