■ Mit Bauen in Osteuropa auf du und du: Ohne Moos nix los
Berlin (taz) – In den neuen Ländern wird weiter rekordverdächtig viel gebaut, 1995 noch einmal elf Prozent mehr als im letzten Jahr, schätzt der Hauptverband der deutschen Bauindustrie. Doch der Wiedervereinigungsboom wird nicht ewig dauern, und so sucht die Bauindustrie nach neuen Ufern. Vor allem die 106 deutschen Unternehmen, die mehr als 500 Leute beschäftigen, hängen zunehmend von ausländischen Aufträgen ab – am stärksten der Branchenführer Philipp Holzmann mit einem Auslandsanteil von über 40 Prozent.
1993 kamen von den 45,3 Milliarden Mark Bauumsatz der 106 Branchengrößen 7,1 Milliarden von ausländischen Aufträgen. Damit sind die Deutschen nach den USA, Frankreich und Japan die viertgrößten internationalen Bauausführer der Welt. Seit dem Ende des realsozialistischen Blocks sind im Prinzip auch die Wege nach Mittel- und Osteuropa offen. Allein die vier Staaten Polen, Ungarn, Tschechische und Slowakische Republik hatten im letzten Jahr laut einer allerdings mit großer Vorsicht zu genießenden Statistik ein Bauvolumen von über 37 Milliarden Mark. Leider herrscht in den östlichen Staatskassen große Leere, so daß Aufträge für öffentliche Projekte nur zögerlich kommen. 1994 konnten deutsche Firmen gerade Vorhaben im Wert von etwa 570 Millionen Mark aus diesen vier Ländern einheimsen.
Große Projekte werden daher oft von westlichen Konsortien für 20 oder 30 Jahre finanziert. Die Baukosten und Kreditzinsen werden dann über Nutzungsgebühren wie zum Beispiel Straßenmaut wieder eingetrieben. Weil die Baukonzerne ihr Kapital nicht für 30 Jahre an ein Projekt binden können, kommen hier auch die Banken ins Geschäft. So bewilligte die Osteuropa-Bank 129 Millionen Ecu (knapp 250 Millionen Mark) für den Bau der Autobahn Wien–Budapest durch Töchter des Strabag-Baukonzerns.
Bis die Kassen der osteuropäischen Länder voller sind, will Bundesbauminister Klaus Töpfer die Bauindustrie auf dem heimischen Markt voranbringen. Weil die Auftragseingänge in den westlichen Ländern in diesem Jahr um 17 Prozent zurückgegangen seien, propagierte er auch mehr Einfamilienhäuser. Die ostdeutschen Haushalte leben nämlich nur zu 26 Prozent in eigenen vier Wänden, gegenüber 41 Prozent im Westen. „Ziel ist es, die Wohneigentumsquote auf mindestens 50 Prozent anzuheben“, so Töpfer gestern zur Eröffnung der Leipziger Baufachmesse. Da steht dann hinter jedem Baum der mecklenburgischen Seenplatte ein Häuschen. rem
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