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„Bonn Alaaf“ beim Großen Zapfenstreich

■ Beidseitiges verbales Aufrüsten zum 40jährigen Jubiläum der Bundeswehr

Bonn (taz) – Der Streit um die offiziellen Bonner Feierlichkeiten zum 40jährigen Jubiläum der Bundeswehr nimmt absurde Formen an. Die Bundesregierung verlangte von der rot-grünen Bonner Stadtregierung Wohlverhalten gegenüber dem für den heutigen Abend geplanten Großen Zapfenstreich im Bonner Hofgarten. Martin Singe, Mitglied von Pax Christi, beantragte nach Angaben des Bonner Friedensbüros eine Einstweilige Anordnung gegen das militärische Zeremoniell. Singe erstattete gegen die Bundesregierung auch Anzeige wegen der „öffentlichen Beschimpfung eines religiösen Bekenntnisses“.

Bundeskanzler Kohl hatte die militärische Geburtstagsfeier zur Chefsache gemacht und von der Universität die Erlaubnis zur Nutzung der Hofgartenwiese erwirkt. Proteste der einstigen Friedensbewegung, die dort den Höhepunkt der Demonstrationen gegen die Nachrüstung erlebt hatte, beeindruckten ihn wenig. Kohl erklärte die öffentliche Feier für „absolut notwendig“.

Das Bonner Friedensbüro nannte die geplanten Feierlichkeiten dagegen einen „Angriff auf die Zivilgesellschaft, eine Provokation für unsere europäischen Nachbarn und ein fatales Zeichen für die Militarisierung der Politik“ und kündigte Gegenveranstaltungen an. Zu der Demonstration gegen das „unzeitgemäße Militärspektakel erwartet das Friedensbüro mehrere hundert Teilnehmer.

Die Bündnisgrünen im Bundestag forderten Kohl in einer Resolution auf, die Zeremonie abzusetzen. Sie sei „nur der Gipfel zahlreicher Verherrlichungsversuche einer real existierenden Bundeswehr“, die „Schritt für Schritt in eine weltweit interventionsfähige Armee umstrukturiert“ werde. Jürgen Trittin, Vorstandssprecher der Grünen, sprach von einem „perversen, vordemokratischen Ritual“.

Die Generalsekretäre Peter Hintze (CDU), Bernd Protzner (CSU) und Guido Westerwelle (FDP) hatten die Bonner Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann (SPD) am Dienstag aufgefordert, „sich öffentlich und eindeutig zur Bundeswehr, ihren Soldaten und ihrem Auftrag zu bekennen“. Dieckmann solle ihrer Stellvertreterin Dorothee Pass- Weingartz (Bündnis 90/Die Grünen) die Teilnahme an der „Anti- Bundeswehrkundgebung“ am gleichen Abend untersagen, verlangten sie in einer Erklärung.

Kanzleramtsminister Friedrich Bohl (CDU) kündigte am Dienstag an, die Bundesregierung werde ihren Anspruch auf einen störungsfreien Verlauf durchsetzen. Es sei nicht akzeptabel, wenn Protestveranstaltungen gegen die feierliche militärische Zeremonie auf dem Hofgarten „in Hör- oder Wurfweite“ stattfänden. Die Ankündigung des Friedensbüros, bei der Meldung „Helm ab zum Gebet“ mit dem Karnevalsruf „Bonn Alaaf“ zu reagieren, nannte Bohl eine „massive Störung“.

Daraufhin begrüßte OB Dieckmann gestern in einer Erklärung die Feierlichkeiten und würdigte den Beitrag der Bundeswehr zum Frieden. Allerdings sei auch die Diskussion legitim, „ob das übliche militärische Zeremoniell zeitgemäß ist“, erklärte Dieckmann. Auch wer eine kritische Meinung äußern wolle, stehe unter dem Schutz des Grundgesetzes.

Die Bonner Polizei will das Areal mit 3.000 Beamten systematisch abriegeln. In Flugblättern an die „Anwohner“ empfahl sie, den „Personalausweis mitzuführen und den Beamten vorzuzeigen“. Die Polizei soll nicht nur bei Gewalttätigkeiten einschreiten. Vielmehr werde sie auch eingreifen, wenn die Zeremonie durch den Einsatz von Sirenen, Fanfaren und Trillerpfeifen beeinträchtigt werde, kündigte Polizeipräsident Dierk Schnitzler an. Hans Monath

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