: Mit Mistel und Chemie
■ Ein Fünftel aller KrebspatientInnen schwört auf sanfte Therapien, denn diese stärken das Immunsystem
Krebskranke, die sich zusätzlich zu einer Chemotherapie mit biologischen Mitteln behandeln lassen, sind von der Wirksamkeit dieser Behandlung überzeugt.
So lautet das Resumee einer kürzlich von der Gesellschaft für Biologische Krebsabwehr (GfBK) durchgeführten Umfrage: „Die Therapie hat mir gut geholfen“, gaben 80 Prozent der 2.000 befragten PatientInnen an. Nur ganze zwei Prozent verspürten überhaupt keine Besserung durch die Anwendung biologischer Krebstherapien.
Ein beeindruckendes Ergebnis angesichts der Tatsache, daß die Schulmedizin bis heute nur „Stahl, Strahl und Chemie“ als einzig wirksame Therapieformen bei Krebs anerkennt. Bestrahlung und Chemotherapie greifen den Tumor direkt an und sind insofern meist unverzichtbarer Therapiebestandteil. Leider ziehen sie dabei den ganzen Körper schwer in Mitleidenschaft. Hier nun setzen die sogenannten Methoden der biologischen Krebsbehandlung an: sie sollen den geschwächten Körper wieder aufbauen.
Die am häufigsten angewendete und bekannteste Heilmethode ist die von dem Anthroposophen Rudolf Steiner begründete Misteltherapie, bei der sich die Betroffenen täglich ein Mistelpräparat spritzen müssen. Auch Gaben von Spurenelementen wie Selen, Zink und Kupfer und von Organpräparaten wie Thymus, Enzyme und bestimmte Eiweißverbindungen zählen zum Standard biologischer Krebsbehandlung.
„All diese Therapien zielen darauf ab, die Lebensqualität des Kranken zu verbessern. Das Immunsystem wird gestärkt, die drastischen Nebenwirkungen von Chemotherapie und Bestrahlung werden erträglicher, der Gesamtverlauf wird günstig beeinflußt“, erläutert Dietrich Beyersdorff, Pressesprecher der GfBK.
Daß die Aussage eines Patienten, der angibt, sich unter einer Misteltherapie deutlich besser zu fühlen, natürlich subjektiver Natur und nicht wissenschaftlich meßbar sei, spreche, so Beyersdorff, keinesfalls gegen die Wirksamkeit dieser Therapie. Ebensowenig die Tatsache, daß sich auch im Fall einer Heilung nie exakt ermitteln ließe, woran die PatientIn letzendlich gesunde: an einer geglückten Operation, an einer Bestrahlung, an einer biologischen Behandlung, oder an allem zusammen.
In der Tat liegt hier die Crux der Krebsbehandlung begründet - trotz jahrzehntelanger Forschung läßt sich bis heute der Krankheitsverlauf in den meisten Fällen nicht mit Sicherheit vorhersagen. Bei gleicher Diagnose und gleicher Therapie können manche Menschen geheilt werden, andere nicht. Unter diesen Umständen mögen selbst die gesetzlichen Krankenkassen nicht pauschal alle Kostenanträge für alternative Behandlungsmethoden ablehnen:
Frau Martina Kunze von der Techniker Krankenkasse der Geschäftsstelle Bremen drückt es so aus: „Wir lehnen fast keinen Therapievorschlag, der vom behandelnden Arzt gemacht wird, grundsätzlich ab, besondern dann nicht, wenn die konventionellen Behandlungsmethoden bei dem Patienten nicht angeschlagen haben. Wir dürfen hier nicht stur bürokratisch vorgehen, das wird der Schwere dieser Erkrankung nicht gerecht.“
Dieter Husheer von der AOK Bremen sieht es weniger großzügig: „Grundsätzlich bezahlen wir nur die von der Kassenärztlichen Verordnung anerkannten Therapien.“ Aber auch er mag nicht ausschließen, daß in gravierenden Einzelfällen biologische Behandlungsmethoden wie die Misteltherapie erstattet würden. „Die müssen uns aber dann vom Arzt und vor allen Dingen durch ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen bestätigt werden, sonst haben wir keine gesetzliche Grundlage.“ Sabine Littkemann
Kontaktadressen:
–Gesellschaft für Biologische Krebsabwehr, Tel.: 040/6404627
–Interessengemeinschaft Krebsnachsorge Bremen, Tel.: 0421/3963066
–Deutsche Krebsgesellschaft, Tel.: 0421/325169 (schuldmedizinische Ausrichtung)
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