piwik no script img

Pillenskandal ohne Konsequenzen?

■ EU spricht sich gegen Verbot der Antibabypille aus

Berlin (AP) – Nach der Empfehlung der Europäischen Arzneimittelkommission, die in die Kritik geratenen Antibabypillen nicht vom Markt zu nehmen, will das Bundesinstitut für Arzneimittel in der kommenden Woche seine Entscheidung für Deutschland treffen. Eine Sprecherin wies in Berlin jedoch darauf hin, daß das Gremium der Europäischen Union keine bindende Vorgabe gemacht habe. Trotz der weitgehenden Entwarnung für die Mikropillen setzte am Samstag ein Streit über politische Konsequenzen ein.

Die Europäische Arzneimittelkommission CPMP hattte am Freitag abend drei Firmen die Auflage gemacht, bis Jahresende weitere Unterlagen zu liefern. ÄrztInnen und Verwenderinnen sollten darüber informiert werden, daß die Pillen schädliche Wirkungen bei Frauen mit Übergewicht, Herzproblemen und Krampfadern haben könnten. Das Risiko der Thrombose-Entstehung durch die Pillen sei jedoch wesentlich geringer als jenes in der Schwangerschaft.

Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Horst Schmidbauer, sprach trotz der jüngsten Entwicklungen von einem „Pillenskandal“ und warf Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer jahrelange Untätigkeit vor. Das mittlerweile aufgelöste Bundesgesundheitsamt (BGA) habe bereits 1991 in einer internen Statistik 19 Todesfälle bei Benutzerinnen von drei niedrigdosierten Pillen dokumentiert, sagte er der Bild am Sonntag. Schmidbauer forderte Seehofer auf, endlich zu handeln. Wenn ein Verdacht besteht, daß ein Medikament schädliche Wirkungen hat, dann muß es vom Markt genommen werden. Es geht hier um Menschenleben. Er sei entsetzt, daß im Pillenskandal wieder dieselben Menschen wie im Blutskandal gemauert haben.

Seehofer wies die Vorwürfe gestern zurück. „Sie scheinen eher parteipolitisch motiviert, denn von der Sachlage ausgehend“, erklärte er gestern in Bonn.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen