Mercedes ganz bescheiden

■ Im Ortsamt versteckt der Konzern auf 50 Fotos 15 Jahre Werksgeschichte

15 Jahre Mercedes-Benz in Bremen-Hemelingen – wie steht der Stadtteil zu dem dominierenden Werk? Wie steht Mercedes zu „seinem“ Stadtteil?

Das Jubiläum feiert der Konzern durchaus bescheiden mit einer kleinen Fotoausstellung im Ortsamt Hemelingen. „Wir haben eine Fotoausstellung zusammengestellt“, ludt Mercedes Benz gestern ein. Der kaufmännische Chef des Unternehmens, Stark, hatte offenbar wichtigeres zu tun und fehlte, auch der Betriebsrat wußte von nichts. Geladen waren dafür der frühere Leiter der Bremer Baubehörde, Kulenkampff, und der planende Architekt Kohlbecker. Im kleinen Kreise feierte die Runde förmlich und voller Zufriedenheit – sich selbst.

1980 begann die Mercedes-Benz AG mit dem Aufbau des Nordwerkes in Hemelingen. Die 50 bunten Fotos der „Ausstellung“ zeigen verschiedene Aufbau- und Ausbaustadien des Werkes. Nicht zu sehen: Bilder mit Autos, Arbeitern oder gar vom damaligen Protest gegen die Zerstörung des Stadtteils durch das riesige Autowerk.

Dabei hatte es gegen die größte Industrieansiedlung in der Geschichte der Freien Hansestadt Bremen heftig Widerstand gegeben, von Seiten der damals vertriebenen Kleingärtner, der Anwohner und sogar der Kirche, die die Ruhe des Friedhofs gefährdet sah. Der damalige SPD-Landesvorsitzende (Konrad Kunick) konnte erst auf einer weit nach Mitternacht an der Bar endenden Runde von Mercedes-Manager Werner Niefer davon überzeugt werden, auf das drohende „Nein“ der damals allein regierenden Partei zu verzichten.

Die Proteste damals konnten lediglich die Genehmigungsverfahren zeitlich verzögern. Prof. Eberhard Kulenkampff, damaliger Leiter der Baubehörde, sprach rückblickend von „einem kooperativem Miteinander“.

4,8 Mrd. DM hat Mercedes-Benz bislang in das Hemelinger Werk investiert, für die architektonische Gestaltung des Werkes, moderne Fertigungsverfahren bei der Lackierung, die Fernwärmeversorgung und Schallschutz für die Nachbarn. Eine weitere Milliarde soll bis 1999 investiert werden in Fertigungseinrichtungen und für neue Fahrzeugtypen.

Bislang wurden in Bremen Modelle der C-Klasse, die T-Serie und die SL-Sportwagen gebaut, seit 1980 insgesamt 2,2 Millionen Stück. Lag die jährliche Produktion 1980 noch bei 80.000 Fahrzeugen, werden für 1995 220.000 fertige Mercedes erwartet.

1996 werden einige Änderungen stattfinden: Der Mittelklasse-Kombi wird dann nicht länger in Bremen, sondern in Sindelfingen produziert werden. Dafür kommt der Kombi der 190'er „Kompaktklasse“ in den Norden Deutschlands, völlig neu produziert wird hier auch der „kleine Roadster SLK“.

Was die zukünftigen Beschäftigungsmöglichkeiten betrifft, so gab sich Dr. Dietrich Zeyfang, technischer Direktor von Mercedes-Benz, optimistisch. „Wir beschäftigen heute mehr als 13.000 Leute, das sind doppelt soviel wie noch 1980.“ Sorgen, eine verstärkte Automatisierung könne Arbeitsplätze vernichten, teilt er nicht. „Die Lackierung und Herstellung von Blechteilen übernehmen heute schon fast zu 100 Prozent Maschinen. Vorgänge der Montage sind hingegen so komplex, daß eine Automatisierung zu teuer wäre. Es gibt also keinen Grund zur Beunruhigung.“

In den Festreden wurde lediglich eine Sorge geäußert, die die Verkehrsstruktur des Stadtteils betrifft. Hans-Dieter Rissland, Leiter des Ortsamtes Hemelingen, forderte die Politiker des Rathauses auf, „endlich den Tunnel zu bauen, der schon so lange versprochen wurde, und auf den 30.000 Hemelinger sehnsüchtig warten“. Als Anbindung zur Autobahn könne der Hemelinger Tunnel die den Stadtteil belastende Verkehrssituation entlasten.

Stolz hoben die Vertreter des Daimler-Benz-Konzerns ihren vorbildlichen Umgang mit Wasser und ihre umweltgerechte Produktion hervor. Die Umweltverträglichkeit ist nicht grenzenslos: Der 2-türige Sportwagen, Luxusmodell 600 SL, verbraucht zwischen 15 und 18 Liter auf 100 Kilometer. Dazu Dr. Dietrich Zeyfang, technischer Direktor: „Man sollte nicht immer auf den Hersteller schimpfen, vielmehr einen Appell an die menschliche Selbstverantwortung abgeben, und jeden Einzelnen fragen, ob jede kleine Autofahrt denn wirklich nötig ist“. eml

Die Ausstellung ist bis zum 30. Oktober im Ortsamt Hemelingen, Rathausplatz 1, zu bewundern – für Arbeitslose und Hausfrauen. Öffnungszeiten: Mo. bis Fr. von 8 Uhr bis 12 Uhr.