■ Mike Krüger weiß genau, was die Leute lustig finden
: Grundsätzlich keine Witze!!

„Ich will keine Botschaften verbreiten – ich will Menschen zum Lachen bringen“, sagt Mike Krüger. Zotigkeit mag er sich aber nicht nachsagen lassen. Obwohl die Kleinstadtsäle, die er derzeit bereist, stammtischartig beben.

taz: Erzählen Sie mal einen Witz!

Mike Krüger: Einen Witz? Ich erzähle grundsätzlich keine Witze.

Warum nicht?

Witze erzählen andere. Fips Asmussen oder so. Ich erzähle lustige Geschichten und singe lustige Lieder. Außerdem kenne ich auch im Moment keinen Witz, den ich besonders witzig finde. Jedenfalls keinen neuen – und alte Witze sollte man sowieso nicht erzählen.

Aber alte Lieder doch immer wieder singen?

Ja, das kann man gerne machen. Nicht übertrieben viele, aber die Hits sollte man schon singen.

Und das findet Ihr Publikum bestimmt super!?

Das macht mir auch selber noch Spaß. Außerdem singe ich sie ja auch jeden Abend wieder anders, mache zwischendurch neue Strophen, so daß es für mich nicht langweilig wird.

Anscheinend gelingt es mir, die Leute zum Lachen zu bringen. Und da die Leute ja gerne mal zwischendurch lachen, weil sie in ihrem Leben genug ernsthafte Dinge zu ertragen haben, haben die paar Leute, die es schaffen, Menschen zum Lachen zu bringen, verhältnismäßig großen Erfolg.

Obwohl Sie gar nicht attraktiv sind.

Ja, klar. Die meisten Komiker sind ja vom Äußeren her schon vorbelastet. Also wenn ich mir mal meine Freunde Karl Dall und Otto angucke, haben die ja schon vom Äußeren was Komisches. Und das ist bei mir eben ähnlich.

Die Nase?

Zum Beispiel.

Ist zotiges Gebaren Ihr Erfolgsrezept? Witze mit der Gürtellinie als Stirnband kommen an?

Es ist natürlich immer ein Lacher, wenn man ein bißchen was Zweideutiges hat. Das ist aber nicht nur in Deutschland so, sondern weltweit. Deshalb streue ich das zwischendurch auch immer wieder ein, aber es ist nicht so, daß man nun unbedingt so zweideutige Sachen machen muß, um die Leute zum Lachen zu bringen.

Sie agieren ja sowohl als Mittelpunkt in überladenen Spielshows im Fernsehen als auch als Alleinunterhalter auf Torneen. Wo fühlen Sie sich als Künstler wohler?

Auf der Bühne vor Publikum zu spielen, macht immer mehr Spaß. Das ist live und mit Publikum...

Fernsehen doch auch!?

Ja, aber da ist man abhängig von allen möglichen Dingen, die man nicht beeinflussen kann, und deshalb bin ich natürlich schon gerne allein auf der Bühne und weiß, was ich da tue, und bin dann nur von mir selbst abhängig. Im Fernsehen laufen fünf Kameraleute um mich herum, und wenn die kein scharfes Bild hinkriegen, wird das Ganze schon mal schlecht. Dann habe ich einen Regisseur und andere Leute, und zum Schluß kommt der Programmdirektor und bestimmt, wann das gesendet wird.

Darf ein Entertainer sich über sein Publikum lustig machen?

Ja, immer so lange, wie sich das Publikum das gefallen läßt. Wenn ich abends live mit einem Publikum kommuniziere und ein Thema anfasse, das die Leute nicht lustig finden oder das sie sogar stört, dann merke ich das auf der Bühne sofort. Wenn dann keiner reagiert oder sogar jemand negativ reagiert, dann ist dieses Thema bestimmt nicht gut, dann sollte man das weglassen.

Sie lassen das dann einfach weg?

Also, ich glaube, daß ich ziemlich genau weiß, was die Leute witzig finden, und im aktuellen Programm ist kein einziges Lied, bei dem die Leute nicht lachen.

Ein schöner Kausalzusammenhang: alle lachen – Programm ist klasse.

Eigentlich geht es darum, was ich persönlich lustig finde und ob ein Thema überhaupt so ergiebig ist, daß man da vier bis fünf Strophen darüber machen kann. Meistens fällt mir dann zuerst der Refrain ein, und das wird dann immer mehr verfeinert und richtet sich immer danach, was ich selbst lustig finde.

Und die Einschaltquote?

Entweder man hat eine witzige Sendung und somit auch hohe Einschaltquoten oder umgekehrt, da kann man ja nichts dran ändern.

Und niedrige Einschaltquoten bedeuten das Aus einer Sendung.

Dann muß man eben eine neue machen.

Hängt man nicht an der alten?

Das Herz hängt meist nicht an der Show, sondern vielmehr an dem Team, mit dem man sich zusammen etwas erarbeitet hat.

Die Show muß einem doch auch selber gefallen, oder?

Da muß man schon einen Mittelweg finden, ich würde keine Show moderieren, die mir persönlich nicht gefällt. Die „100.000 Mark-Show“ würde ich zum Beispiel nicht moderieren.

Vor einigen Jahren liefen die führenden Komiker mit fliegenden Fahnen in Richtung Geld und kehren nun langsam, aber geläutert, zurück zu den öffentlich-rechtlichen Sendern.

Meiner Meinung nach ist es ziemlich egal, bei welchem Sender man arbeitet. Ärger hat ja meistens nichts mit dem Sender generell zu tun, sondern mit den Leuten, die da gerade beschäftigt sind. Die wechseln ja ungefähr jährlich, und da gibt es natürlich auch immer wieder welche, mit denen man nicht klar kommt.

Thomas Gottschalk und Sie haben gemeinsam den großen Durchbruch auf der Kinoleinwand als „Supernasen“ geschafft; nun haben Sie beide sich ja beruflich sehr unterschiedlich weiterentwickelt. Besteht noch Kontakt, würden Sie eventuell gerne mit ihm tauschen?

Wir freuen uns immer, wenn wir uns sehen, nur lebt er ja in München und ich in Quickborn, und von daher sehen wir uns nur sehr selten. Tauschen würde ich nicht gerne mit ihm, es kommt ja nicht nur auf das an, was man beruflich macht, sondern auch auf das Umfeld. Ich kann schon sehr gut zwischen Beruf und Privat trennen, und da bin ich mit meinem Leben eigentlich ganz zufrieden. Ich möchte mit keinem tauschen.

Und wie nun begegnen Sie dem Vorwurf der Plattheit?

Leute, die das sagen, waren noch nie bei mir im Konzert. Wenn sie das nämlich gesehen haben, werden sie das bestimmt nicht mehr sagen. Interview: Benj. v. Stuckrad-Barre