Acht Stunden sind kein Tag

■ Töten als eine Form der Lohnarbeit: der Thriller Cold Blooded von Wallace Wolodarsky

Quentin Tarantino ist überall. Sein Name ist als Markenzeichen inzwischen präsenter als seine Filme, sein sophisticated-humoriger Umgang mit Kinotraditionen und der seit jeher dazugehörigen Gewalt ist längst zum greifbaren Synonym einer neuen Welle amerikanischer „Gewalt-Filme“ erklärt worden. Und ob er nun als Vorreiter oder nur als smartester Vertreter einer neuen Form der Abarbeitung an der Kino- und TV-Geschichte gilt: Auf diesem Markt kommt derzeit keiner an ihm vorbei.

Kein Wunder, daß auch im Zuge der Vermarktung von Wallace Wolodarskys Killerkomödie Cold Blooded fast panisch auf Ähnlichkeiten zu Tarrantinos Pulp Fiction hingewiesen wird. Jason Priestley spielt in Wolodarskys Regiedebüt den phlegmatischen Langweiler Cosmo, der in Mafiakreisen unversehens vom Buchhalter zum Profikiller aufsteigt.

Und weil Cosmo den einen wie den anderen Job nach üblicher Anfänger-Unsicherheit mit derselben teilnahmslos tranigen Routine ausführt, wird er schnell zum Besten seines Fachs. Das einzige Problem dabei ist seine Freundin: Sie mag sich nicht mit dem Gedanken anfreunden, einen cold blooded Killer zu lieben. Cosmo aber hat dafür Verständnis und schlägt im Gegenzug die Ermordung seines Chefs als Ideallösung vor.

Mord ist hier Tagesgeschäft, und allein das scheint der Cold Blooded-Werbekampagne recht zu geben. Doch die Killer-Parallelen zu Pulp Fiction verdecken mehr, als sie klären. Denn während dort Gewalt bewußt kein eigenes Thema mehr darstellen sollte, rücken in Cold Blooded Mord und Mörder direkt ins inhaltliche Zentrum.

Dabei interessieren aber Ethik- oder Stylingfragen nur am Rande, statt dessen fällt auf, daß sich Cosmos Leben als Killer kaum von dem unterscheidet, das er auch als Buchhalter führte. Dieselben trüben Bilder vom leblosen Hotel und der immergleiche eintönige Rhythmus seines wohlverdienten Feierabends führen den Beruf eines Hitman auf überraschend naheliegende Wurzeln zurück: Töten ist hier eine Form von Lohnarbeit, die als solche ebenso zu Monotonie und Entfremdung beiträgt wie jede andere auch.

Allein die Bezahlung ist besser, dafür steigt aber auch die nervliche Belastung: „I have nightmares every night“, erklärt Cosmos Lehrer und Vorarbeiter im Tötungsgeschäft, „but that's the Job.“

Aus dieser Einreihung des Killers in die Tristesse und Alltäglichkeit der werktätigen Bevölkerung, wo Yogastunden und die Liebe die einzigen wirklichen Aufregungen sind, entsteht ein Blick auf Arbeit, wie er zur Zeit nur in Komödien möglich scheint. Und auf eben dieser Gleichsetzung basiert die elegante, zynisch-absurde Komik in Cold Blooded – hier lautet eine oberlehrerhafte Einweisung in den sorgfältigsten Gebrauch von Schußwaffen: „Safety first, Cosmo! Guns don't kill people – we do.“ Jan Distelmeyer