: A 281 kommt – so oder so
■ Bausenator Bernd Schulte war bei den Beiräten - und stieß auf Protest / PDS-Schmidt: „Eine ungeheure Verdummung von Bürgern und Beiräten“
Die Aula der Berufsschule für Hauswirtschaft und Sozialpädagogik in der Delmestraße war am Dienstag abend rappelvoll. Nachzügler mußten mit einem Stehplatz Vorlieb nehmen. Doch selbst die waren heiß begehrt. Rund 300 ZuhöhrerInnen waren zur gemeinsamen Beiratssitzung der Beiräte des Bremer Süden gekommen, um mit Bausenator Bernt Schulte (CDU) über die geplante Autobahn 281 zu diskutieren.
Doch der ließ nicht mit sich reden. „Der Hemelinger Tunnel und die A 281 sind die wichtigsten Verkehrsprojekte dieser Legislaturperiode“, stellte Schulte gleich zu Beginn der Veranstaltung klar. Die A 281 kommt – daran ließ der Senator keinen Zweifel. Die Autobahn soll das Güterverkehrszentrum (GVZ), den Neustädter Hafen und das Gewerbegebiet Niedervieland besser anbinden. Als Schulte gefragt wurde, ob er kein schlechtes Gewissen habe, eine Autobahn mitten durch die Stadt zu bauen, verwies der S Foto: Jörg Oberheide
enator kurzerhand auf die Koalitionsvereinbarung. Er akzeptiere die Autobahn, schließlich werde ja auch die Linie 4 gebaut, sagte er und versuchte eine Grundsatzdiskussion über das Für und Wider der A 281 vom Tisch zu fegen.
So stand zunächst nur noch die Frage nach dem „Wie“ zur Debatte. Die Planungsgruppe Grün hatte mehrere Varianten der geplanten Autobahn auf ihre Umweltverträglichkeit hin untersucht und warf sie mit einem Overhead-Projektor an die Wand. Unter umweltverträglichen Gesichtspunkten (Lärm- und Schadstoffbelastung) kommt nach Einschätzung der Projektgruppe die reduzierte Variante A – am besten weg. Die Trasse würde vom Kocks-Gelände und der Richard-Dunkel-Straße über den Flughafen-Damm und dem Neuenlander-Ring sowie über die Neuenlander-Straße zum Autobahnzubringer Arsten führen. Ursprünglich sollte diese Trasse hinter dem Flughafen bis zur Anschlußstelle nach Brinkum führen (Variante A). Auch die Möglichkeit, die Autobahn als Tunnel unter der Neuenlander-Straße zu bauen (Variante FR), ist von der Projektgruppe untersucht worden und kam in punkto Umweltverträglichkeit in die engere Auswahl.
„Beide Varianten haben ihre Vor- und Nachteile“, faßte Gotthard Storz von der Projektgruppe Grün die Ergebnisse zusammen. Die Tunnel-Variante unter der Neuenlander Straße wäre beispielsweise im Bau sehr aufwendig. „Man müßte die Neuenlander-Straße komplett abreißen und einen Tunnel bauen. Die Bauarbeiten würden bestimmt fünf Jahre dauern. In dieser Zeit müßte der gesamte Verkehr umgeleitet werden. Ob das geht, wage ich zu bezweifeln. In diesem Gebiet kommt es ja schon jetzt zeitweise zu einem Verkehrskollaps. Der Baulärm würde zudem die Anwohner belasten“, sagt Storz. Außerdem sei die Tunnel-Variante erheblich teurer. Während die anderen Autobahn-Varianten vom Senat auf 450 Millionen aufwärts veranschlagt worden sind, würde die Tunnel-Variante mit rund einer Milliarde zu Buche schlagen.
Einen entscheidenden Vorteil habe die Tunnel-Autobahn aber: Die Lärm- und Schadstoffbelastung sei aufgrund des Tunnels geringer als bei der Variante vom Kocks-Geländer über den Flughafendamm zum Autobahnzubringer Arsten. „Die Bauarbeiten wären hier sehr viel einfacher und nicht so aufwendig“, so Storz.
Das widerrum rief die Anwohner auf den Plan. „Wir sind durch den Autobahnverkehr in Arsten ohnehin schon sehr belastet, jetzt soll durch die Anbindung an den Autobahnzubringer Arsten noch mehr dazukommen. Das ist doch eine Zumutung“, regte sich eine Anwohnerin auf und entfachte die Grundsatzdiskussion über die verschiedenen Varianten der A 281 erneut: „Die Neustadt wird durch die Autobahn in zwei Teile zerschnitten.“ „65.000 Autos in der Neuenlander-Straße täglich sind genug – warum jetzt noch eine Autobahn.“ „In Huckelriede kommt mit einer Autobahn zum Fluglärm auch noch Autobahnlärm.“ „Wenn in Puhdorf eine Autobahn auf Stelzen langgeführt wird, werden besonders viele Schadstoffe in die Luft gepustet – vom Lärm für die Anwohner ganz zu schweigen“ – die Liste der Argumente gegen die verschiedenen Varianten der A 281 war lang. Beim Bausenator Schulte stießen die BürgerInnen damit allerdings auf taube Ohren. Beharrlich verwies er nochmal auf die Koalitionsvereinbarung. „Das ist eine ungeheure und unverantwortliche Verdummung von Bürgern und Beiräten“, kommentierte Ralf Schmidt, Beiratsmitglied und Beiratssprecher der PDS in der Neustadt, die Veranstaltung. „Auf konkrete Fragen ist der Senator die Antworten schuldig geblieben. Den Bürgern wird jetzt nur vorgegaukelt, man suche noch nach den verträglichsten Planungsvarianten. Wenn Schulte ehrlich wäre, hätte er vertreten müssen, was für die Koalition bereits beschlossene Sache ist: Die Autobahn vom GVZ bis zur Kreuzung Neuenlander Straße, Niedersachsendamm, Autobahnzubringer Arsten und Kattenturmer Heerstraße soll gebaut werden – und zwar so schnell wie möglich.“ kes
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