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■ DaumenkinoMiddle of the Moment

Vor fünf Jahren drehten die Schweizer Nikolas Humbert und Werner Penzel den Film Step Across the Border mit Fred Frith als frei auf der Erde umhervagabundierendem Geräuschemacher. Mit ihrem neuen Film, Middle of the Moment, wollten die beiden Regiepartner ihren Erfolgsfilm auf abstrakterer Ebene fortsetzen. Thema: Nomadisieren. So fuhren Penzel und Humbert in die südliche Sahara zu den Tuareg. Einige Wochen lang fuhr man nur so, bis die Menschen sich an die Kamera gewöhnt hatten. Es sollte keine Dokumentation werden, sondern ein „Kinogedicht vom Nomadenleben“.

Nomaden oder zumindest solche, die sich dafür halten, gibt es auch in Europa. Und so filmte man den französischen Cirque O bei der Arbeit, beim Auf- und Abbau der Zelte, beim Jonglagetraining, beim ganz normalen Leben im Zirkuswagen.

Dritter Part des Films, und eine Art personeller Klammer, die alle Cine-Nomaden des Films miteinander verbindet, sind die Bilder vom herumreisenden amerikanischen Dichter, Clown und Philosophen Robert Lax. Der fährt im Zug durch die Schweiz und will und will nirgends so richtig ankommen, bis er endlich beim Friseur landet.

Problem des Films oder seiner Beschreibung: Die Parabel auf das Leben ist so schön, so ästhetisch, mit so hübschen Sounds (von Fred Frith) zusammengebastelt, daß es schwerfällt, sein zeitweiliges Unbehagen beim Betrachten zu formulieren. Liegt es daran, daß hektische Großstadtmenschen sich eben nur schwer auf solch eine ruhig dahinfließende Bildersammlung einlassen können, wie die Regisseure vermuten? Man vermißt Erklärungen des Lebens der Tuareg, Interviews mit ihnen, man will wissen, was es bedeutet, wenn einer der Wüstenmenschen Striche in den Sand malt, irgend etwas zusammenrechnet und die kunstvollen Striche mit einer Handbewegung wieder wegwischt. Die Regisseure haben versucht, Erklärungen in den Film einzubauen, „aber dann wäre es ein anderer Film geworden“. Dann wüßten alle Zuschauer, daß die Striche ein Orakel sind. Ohne diese Erklärungen bleibt viel Raum für Phantasien und Projektionen, aber auch für den Verdacht, hier hätten Europäer sich in eine romantisierende, exotistische Sehnsucht nach ursprünglichem Leben eingesponnen, die uns am Ende nicht mehr zu bieten hat, als die Erkenntnis, wir seien letztlich doch alle freiumherschweifende (Stadt-)Nomaden. Das sollte einem nicht den Spaß an sehr schönen Schwarzweißbildern verderben, von der Geburt und dem Großwerden eines Kamels und einer Szene nach dem Abbau des Zirkuszelts, als man mehrere Menschen im Regen beobachten kann, von denen nur einer einen Schirm hat. Andreas Becker

„Middle of the Moment“, Regie: Humbert und Penzel

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