: Von Uexkull fordert Shell-Boykott
■ Stifter des alternativen Nobelpreises: Der Konzern ist für Todesurteil gegen Schriftsteller in Nigeria verantwortlich
Stockholm/Berlin/Bonn (dpa/ taz/AP/epd) – Einen Verbraucherboykott gegen Shell hat der deutsch-schwedische Stifter des alternativen Nobelpreises, Jakob von Uexkull, gefordert. Anlaß sind die Anfang der Woche Todesurteile gegen den nigerianischen Schriftsteller Ken Saro-Wiwa und acht seiner Mitstreiter. Uexkull, dessen Stiftung den Preis im vergangenen Jahr an Saro-Wiwa vergeben hatte, sagte in Stockholm, der Ölproduzent Shell sei als Haupteinnahmequelle des nigerianischen Regimes mitverantwortlich für das „politisch motivierte Todesurteil gegen einen Unschuldigen“. Vor dem Hintergrund „dieser offensichtlichen Shell- Kumpanei mit Nigerias Diktator Sani Abacha und seiner Clique ist eine zweite Boykottaktion gegen Shell gerechtfertigt“.
Saro-Wiwa hatte den „alternativen Nobelpreis“ für seine Aktivitäten an der Spitze einer Protestbewegung des Ogoni-Stammes erhalten. Er organisierte dabei den Widerstand des Stammes gegen die von internationalen Ölkonzernen betriebene Ausbeutung von Ölfeldern auf Ogoni-Gebiet, die zu erheblicher Umweltzerstörung im Mündungsdelta des Nigers führte.
Währenddessen lehnte die Shell-Führung es ab, den Einfluß des Konzerns in Nigeria zur Retttung Saro-Wiwas geltend zu machen. In einer gestern verbreiteten Erklärung heißt es, Saro-Wiwa habe zwar das Recht auf einen „rechtmäßigen Prozeß und medizinische Hilfe“, es sei aber nicht die Aufgabe des Konzerns, „in ein juristisches Verfahren eines souveränen Staates wie Nigeria einzugreifen“. Dies würde keine Regierung tolerieren, „sei es in Europa, Nordamerika oder sonstwo“. Desweiteren habe Shell seine Aktivitäten in der Ogoni-Region seit Januar 1993 eingestellt und etliches getan, um den dort angerichteten Schaden zu beheben. Allein dieses Jahr würde der Konzern 25 Millionen US-Dollar für Krankenhäuser, Schulen, Bewässerungsprojekte und andere Wohltaten in der Region lockermachen. An die von Saro-Wiwa geführte Ogoni-Bewegung „Mosop“ gerichtet heißt es: „Die Bewegung hat wiederholt behauptet, ihre Kampagne sei gewaltfrei. Unsere Erfahrungen sind andere.“
Unterdessen fordert der Sohn Saro-Wiwas die internationale Gemeinschaft auf, die Militärregierung Nigerias zum Rücktritt zu zwingen. Im neuseeländischen Sender Radio National sagte Ken Wiwa gestern, die Regierung von General Sani Abacha sei ein illegales Regime. Auch der Nobelpreisträger Desmond Tutu forderte, international Druck auf Nigeria auszuüben. In Frankfurt protestierten der Börsenverein des Deutschen Buchhandels und die Frankfurter Buchmesse gegen das Todesurteil. Amnesty international rief dazu auf, in Briefen an Nigerias Staatschef die sofortige Freilassung Saro-Wiwas zu verlangen. Die Prozesse gegen den Schriftsteller und acht weitere Bürgerrechtler seien „politisch motiviert“ und „unfair“. Mindestens 17 weitere Ogoni-Aktivisten seien inhaftiert.
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