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Mercedes o muerte!

Kubas Führung entdeckt die Solidarität des internationalen Kapitals: Über 1.000 ausländische Firmen besuchen die Handelsmesse  ■ Aus Havanna Bert Hoffmann

Über Kubas Zuckerrohrfeldern steht der gute Stern aus Stuttgart. Genauer: In die alten Kombinen sowjetischer Bauart, die das Zuckerrohr vollautomatisch schneiden, wird ein neuer Motor von Mercedes eigebaut. Wie das live aussieht, präsentiert der Konzern mit dem Stern stolz auf der großen Handelsmesse, die am Sonntag in Havanna eröffnet worden ist.

Aus Deutschland sind so viele Aussteller dabei wie nie zuvor. Überhaupt ist es für Kuba eine Messe der Rekorde. Wo früher die Leistungsschau sozialistischer Fünfjahrespläne gefeiert wurde, stellen jetzt nicht weniger als 1.400 ausländische Firmen ihr Interesse am Handel mit Kuba zur Schau – fast 500 mehr als im Vorjahr. Die Außenöffnung Kubas ist ein Zug den auch die Embargo-Politik der USA nicht aufhalten kann.

Die Frage ist aber, wer in Kuba die Dollars hat, um den Firmen ihre schöne Warenwelt abzukaufen. Die famose „kaufkräftige Nachfrage“ in einem Land mit dramatischem Devisenengpaß? Für Mercedes ist dieses Problem gelöst. Abnehmer ist der sozialistische Staat. Zucker ist Kubas mit Abstand wichtigstes Exportprodukt, und die letzte Ernte war eine Katastrophe: Nur knapp über drei Millionen Tonnen statt der mehr als acht Millionen, die noch in den achtziger Jahren im Durchschnitt produziert wurden. Die Regierung Castro erklärte die Rettung der Zuckerwirtschaft zur nationalen Frage höchster Priorität, für die auch harte Währung geopfert wird, vorfinanziert aus der kommenden Ernte. Und die Investition in Mercedes hat einen doppelten Vorteil: Nicht nur sind die alten Maschinen weniger oft kaputt, die neuen Dieselmotoren verbrauchen auch weniger Treibstoff. „Das muß man nur vorrechnen, wie schnell sich das amortisiert“, sagt Konrad Hieber, Leiter der vor einem halben Jahr eingerichteten Generalvertretung von Mercedes-Benz auf der Insel.

Aber auch für den Konzern lohnt sich der Deal: 800 Motoren sind verkauft, ein 24-Millionen- Mark-Geschäft. Und Kubas Gesamtbestand sowjetischer Zuckerrohrkombinen ist noch fünfmal so groß – eine sichere Auftragslage für Mercedes.

Diese indirekte Importsubstitution – der Kauf neuer Motoren zur Reduzierung der Öleinfuhren – ist auch der Schlüssel für andere Projekte, von kubanischen „Taino“- Lastern bis hin zu russischen „Wolga“-Limousinen mit neuem Innenleben, made by Mercedes. Im Zentrum des Stands steht dann aber doch ein strahlendweißer Benz der E-Klasse, „el auto del futuro“. Das ist fürs Image wichtig, nichts fürs Geschäft. In dieser Preisklasse, da macht sich Generalvertreter Hieber keine Hoffnung, ist in Kuba kein „Volumenmarkt“ in Sicht. Ganz abgesehen davon, daß kubanischen Privatpersonen der Kauf eines Autos verboten ist, selbst wenn sie das Geld dafür hätten.

Andere deutsche Firmen zielen auf die neuen Dollar-Sektoren in der kubanischen Ökonomie. Die Baumaschinen von „Putzmeister“ hoffen auf die Expansion des Hotelbaus, die Holsten-Brauerei auf den Durst der Touristen und jener Kubaner, die über Dollars verfügen. Bayer feiert in diesem Jahr hundertjähriges Bestehen der Handelsbeziehungen zu Kuba und findet im von der Regierung Castro stark geförderten Pharmazie- und Technologiebereich interessante Partner vor: gut ausgebildet und technisch auf hohem Niveau, aber ohne internationalen Markt und ohne Kapital.

Kritische Worte für das Auslandskapital sind von Kubas revolutionärer Führung nicht mehr zu hören. Ganz im Gegenteil. Auf der Havanna-Messe seien, so pries es die Eröffnungsrede, „mutige, ehrliche und solidarische“ Geschäftsleute versammelt. So macht das US-Embargo noch aus jedem Konzernchef einen Vorkämpfer der Solidarität mit Kuba. Zum Teil funktioniert dies aber auch andersherum: Auf der Messe bieten mehrere Leute mit solidem Soli-Szene- Background Investoren ihr Know- how als Kuba-Consulting an – und nicht einmal statt Solidaritätsarbeit, sondern als eine ihrer neuen Formen: Arbeitsplätze schaffen.

Auch Mercedes hat auf die guten Kontakte linker Verbundenheit zurückgegriffen. Um den Stern aus Stuttgart den Weg nach Kuba zu ebnen, hatte der Konzern im letzten Jahr einen langjährigen Aktivisten von „Cuba S.“ für sich arbeiten lassen.

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