: „Kein Bock auf Uni-Politik“
■ Am Montag beginnt die Aktionswoche gegen BAföG-Pläne und Studiengebühren / Interesse der StudentInnen eher gering
Angepaßt, unpolitisch und pragmatisch – lassen sich so die StudentInnen von heute charakterisieren? Kommenden Montag beginnt an der Hamburger Universität eine bundesweite Aktionswoche gegen BAföG-Zinsen und Studiengebühren. „Die Zeit für eine Mobilisierung war sicher zu kurz“, befürchtet der Hamburger AStA-Vorsitzende Matthias Kolbeck, „unser Problem ist die unglückliche Terminierung zum Semesterbeginn.“
AStA-Chef Kolbeck wäre mit gutbesuchten Veranstaltungen schon zufrieden. Pragmatismus ist seine Devise: „Heute macht ein anderer Typus von StudentInnen Politik – nicht mehr mit revolutionären, sondern mit universitätsbezogenen Zielen, wie mehr Demokratie und Mitbestimmung.“ Da wertet es der Politik-Student schon als Erfolg, wenn der grüne AStA in den drei Jahren seines Bestehens die Wahlbeteiligung zum StudentInnenparlament auf 16 Prozent steigern konnte und die Frage der Einführung von Semestertickets sogar 20 Prozent an die Urnen brachte.
Das Programm der Aktionswoche: Ehemalige Hochschul-AktivistInnen, vom Alt-68er und jetzigen Staatsrat Knut Nevermann bis zu Ex-AStA Johannes Ludewig – mittlerweile Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium –, werden am Montag unter Moderation von Uni-Präsident Jürgen Lütje und AStA-Vorsitzendem Kolbeck über „StudentIn und Politik 1945-1968-1995“ diskutieren (16 Uhr im Hörsaal des Pädagogischen Instituts). Einen Tag später, am 7. November, debattieren Vertreter der Grünen und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) über drohende Studiengebühren und die BAföG-Pläne von Zukunftsminister Jürgen Rüttgers (16 Uhr im Phil-Turm, Hörsaal E).
Ein Protest-Happening auf dem Rathausmarkt unter dem Motto „Bildung geht flöten“ folgt am Donnerstag um 14 Uhr. Die OrganisatorInnen hoffen auf phantasievolle Aktionen. Wissenschaftssenator Leo Hajen hat sein Erscheinen zugesagt. Der Aktionswoche folgt am 13. November eine Fahrt nach Bonn zum bundesweiten StudentInnenprotest anläßlich der dortigen Hochschulrektorenkonferenz. Dafür gibt's beim AStA Fahrkarten für zehn Mark.
Ob viele StudentInnen von diesem Angebot Gebrauch machen werden, ist jedoch zweifelhaft – trotz der drohenden Verschlechterungen der Studienbedingungen. Eine nichtrepräsentative Umfrage der taz am Donnerstag auf dem Campus ergab eher den Eindruck von Ignoranz und Gleichgültigkeit: von 55 befragten StudentInnen hatten 48 noch nichts von der Aktionswoche gehört; drei wußten davon, hatten aber kein Interesse; ebensoviele verbanden Wissen und Interesse. Eine Person zeigte sich interessiert, ohne bisher etwas von den geplanten Protesten gewußt zu haben. Der Tenor: „Kein Bock auf Uni-Politik.“ Jörg Helmedach
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