: Tendenz Totenhaus?
■ Kulturrat Bremen: „Die Kultur ist in Bremen politisch nicht vertreten“
Die angekündigten Kürzungen des Kulturhaushaltes versetzen Bremens Kulturschaffende in Alarmbereitschaft. Daß es bisher nur vage Gerüchte und unbelegte Zahlen gibt, verunsichert die Kulturszene. Das Schweigen der zuständigen Senatorin beunruhigt zusätzlich. „Wir haben den Eindruck, die Kultur ist in Bremen nicht mehr politisch vertreten“, sagt Brigitte Schulte-Hofkrüger vom Kulturrat Bremen. Der ringt nun um Lösungswege aus der Misere – oder wenigstens um die Grundlagen für eine rationale Diskussion. Beides soll das direkte Gespräch mit der Kultursenatorin bringen – doch das muß erst noch stattfindenl.
Unter dem zweideutigen Titel „100 Tage sind genug“ hatten die VertreterInnen des Kulturrates am Sonntag zwar zur Diskussion ins Theater am Leibnizplatz geladen. Allerdings kamen weder Senatorin Bringfriede Kahrs noch die kulturinteressierte Öffentlichkeit. So versuchten die rund 60 VertreterInnen aus Kultur und Kulturdeputation das Gespräch miteinander. Doch zur Klärung der eigentlichen Frage, „Wieviel Kultur will diese Stadt?“, kam es nicht.
Wer das Kulturbarometer derweil anhand der aktuellen Entwicklung ablas, wurde ernst und sorgenvoll. Entsprechend geriet die Debatte: Angesichts der Schließung des Jungen Theaters beschwor Norbert Kentrup von der Shakespeare-Company das „kulturelle Totenhaus“, in dem er bald als jüngster Bremer Schauspieler übrig bleibe. Und Intendant Klaus Pierwoß geißelte die angedrohte Schließung des MOKS-Theaters „als Witz und nicht zu überbietende Klumpfüßigkeit“. Anders könne er das Bekanntwerden der Sparabsichten direkt nach der Neubesetzung des Hauses nicht werten. Ihm war die Last der Verantwortung für eine Truppe anzumerken, die „mehr leistet als jedes vergleichbare Theater in Deutschland“ – während die Motivation dafür zugleich durch ständige Kürzungsandrohungen torpediert werde. „Wir brauchen konkrete Aussagen“, forderte er.
In diesem Punkt herrschte bestürzende Einigkeit. Die KulturpolitikerInnen, so stellte sich heraus, kennen das Konzept der Behörde nämlich ebensowenig wie die Kulturschaffenden selbst. Bisher habe es in punkto Kultur „nur Nullrunden“ gegeben, beteuerten die Deputierten.
Nun will der Kulturrat zu einem zweiten Gesprächsversuch mit der Senatorin gleich die gesamte Kulturdeputation laden, „um auch deren Informationsbedarf zu decken“, so Kulturrätin Brigitte Seinsoth. ede
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