: Tudjman droht mit Militäraktion
■ Serbisch-nationalistische Führung in Ostslawonien bricht Gespräche mit kroatischer Regierung erneut ab
Berlin (taz) – Kaum war der kroatische Präsident Franjo Tudjman von den Friedensverhandlungen in den USA nach Zagreb zurückgekehrt, drohte er erneut mit einer Militäraktion in Ostslawonien. Scharf kritisierte er auch die Vereinten Nationen, deren Mandat er über den 30. November hinaus – an diesem Tag läuft das Mandat aus – nicht verlängern möchte. Sie würden das bestehende Mandat nicht ausfüllen und damit die „Reintegration Ostslawoniens“ erschweren. In Kroatien wird zudem das Verhalten der russischen UNO-Truppen kritisiert, die offen Partei für die serbische Seite ergriffen hätten.
Gleichzeitig ließ die serbisch- nationalistische Führung Ostslawoniens erneut geplante Gespräche mit der kroatischen Regierung, die am Wochenende in Osijek stattfinden sollten, platzen. Am Sonntag fuhren deshalb der EU- Unterhändler Stoltenberg und der US-Botschafter in Zagreb, Galbraith, zu Gesprächen nach Erdut.
Unterdessen ging der Aufmarsch der Truppen beider Seiten weiter. Die Kroaten haben schon seit Wochen Einheiten mit 30.000 Mann der Gardebrigaden in der Region um Osijek stationiert. Auf der serbischen Seite wurde die geschlagene Krajina-Armee umgruppiert und von Serbien aus neu bewaffnet. Es wurden sechs Ponton-Brücken über die Donau geschlagen. Von dort aus soll der Nachschub für die Truppen gewährleistet werden. Nach Augenzeugenberichten ist es in der Region zu Spannungen zwischen der serbischen Zivilbevölkerung und den serbischen Truppen gekommen. Viele serbische Einheimische befürworten eine politisch weichere Linie als sie die von außen kommenden Hardliner der Führung und der Militärs vertreten. Unklar bleibt die Haltung der Belgrader Führung: Klar ist jedoch, daß ohne die Ausbeutung der Ölfelder in Ostslawonien die serbische Militärmaschine erheblich geschwächt werden würde. Deshalb werden politische Kompromißvorschläge Belgrads in Zagreb als Hinhaltetaktik interpretiert.
In Dayton gehen die Verhandlungen weiter. Die Frage nach Rußlands Einbindung in die Struktur der künftig in Bosnien zu stationierenden Nato-Truppen blieb weiter ungeklärt. Es scheint sich herauszukristallisieren, daß die USA in der Frage des Kommandos hart bleiben werden: Rußland werde über eine gemischte russisch-amerikanische Hilfstruppe hinaus keine Zugeständnisse machen, erklärte Verteidigungsminister Perry. Erich Rathfelder
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