■ Mit dem Ozon-Phantom auf du und du
: Flecken, keine Schicht

Berlin (taz/AP) – Die schützende Ozonschicht der Atmosphäre ist gar keine gleichmäßige Schicht, sondern ein Flikkenteppich. „Die Ozon-Konzentration in der Atmosphäre schwankt um bis zu fünfzig Prozent“, sagt der Wuppertaler Physikprofessor Klaus Ulrich Großmann. „Die Flecken sind an den Polen sehr groß, haben in Gewitterzonen am Äquator aber teilweise nur einen Durchmesser von 200 Kilometern.“

Damit sind die meisten bisherigen Modelle für die Computerrechnungen praktisch Makulatur. Diese Erkenntnis gehört zu den ersten Ergebnissen der Auswertung von rund 51.000 dreidimensionalen Messungen, die das deutsche Infrarot-Spektrometer Crista vor einem Jahr vom Weltraum aus durchgeführt hatte. Die Crista-Messungen haben laut Großmann zur ersten Ozon-Weltkarte überhaupt geführt. Sie bestätige die Existenz des dreimonatigen Frühlings-Ozonlochs über dem Südpol sowie die tendenziell abnehmende Ozon-Konzentration vom Äquator zu den Polen. Doch sei dies entgegen bisherigen Berechnungen keine gleichmäßige Erscheinung.

Resultat des Flickenteppich- Effekts ist laut Großmann auch eine um etwa fünf Prozent höhere ultraviolette Strahlung, als sie von Computermodellen errechnet wurde. Kein Grund zur Panik allerdings – das bedeutet nur, daß die Konzentration an ultravioletten Strahlen, an die irdisches Leben gewöhnt ist, etwas höher ist als bisher angenommen. Außerdem mittelt sich die höhere Belastung bestimmter Stellen mit dünnerer Ozonschicht wieder weg, weil die Flecken nach bisherigen Erkenntnissen herumwandern.

Crista war am 4. November 1994 von der US-Raumfähre Atlantis in eine Umlaufbahn um die Erde ausgesetzt und neun Tage später wieder „eingefangen“ worden. Mit drei Infrarot- Teleskopen hatte das 1,2 Tonnen schwere Gerät die Atmosphäre in kleinen Schritten dreidimensional im Bereich zwischen 18 und 100 Kilometern durchmessen. Die UV-filternde Ozonschicht liegt in der unteren Stratosphäre, auf einer Höhe von 20 bis 22 Kilometern. rem