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Woche bekommt Brieftasche

Burda steigt mit 25 Prozent finanziell bei der „Woche“ ein. Bissinger bleibt Chefredakteur und Herausgeber. Bauer guckt in die Röhre  ■ Von Michael Rediske

Berlin (taz) – Burda goes Hamburg, und zwar konsequent. Nachdem die Offenburger vor kurzem bei der Verlagsgruppe Milchstraße (TV-Spielfilm) eingestiegen sind, haben sie jetzt ihre finanzielle Beteiligung an der im Februar 1993 gestarteten Woche bekanntgegeben. Der Münchener Verleger Hubert Burda hält mit Wirkung vom 1.November einen Anteil von 25 Prozent an der Zeitung, die bisher allein vom Jahreszeitenverlag getragen wurde und diesem einige Verluste einbrachte.

Jahreszeiten und Hoffmann & Campe-Chef Thomas Ganske und Woche-Chefredakteuer Manfred Bissinger haben mit der Minderheitsbeteiligung von Burda vorerst ihr Ziel erreicht: Das gute, trotz einer zuletzt auf 116.000 Exemplare gestiegenen Auflage aber defizitäre Blatt zu stützen, ohne die Kontrolle darüber aufzugeben. An diesem Punkt sind offenbar die Verhandlungen, die man mit dem Bauerverlag geführt hatte (taz vom 1. 11. 95), schlußendlich gescheitert. Burdas Presseerklärung spricht davon, daß „die von beiden Häusern gesammelten Erfahrungen in Vertriebs- und Anzeigengeschäft auf dem Markt der politischen Wochentitel gemeinsam genutzt werden“ sollen. Bei der Woche spricht man von einer „Kooperation der Stärke und Unabhängigkeit“. Tatsächlich dürfte Burda mit seinem Senkrechtstarter Focus hier der Woche einiges zu bieten haben.

Die Frage ist, was sich der konservative Burdaverlag von dem Einstieg bei dem liberalen Blatt verspricht. Außer Image nichts gewesen? Schließlich müßte sich Burda erst einmal an den aufgelaufenen wie den laufenden Verlusten der Woche beteiligen. Ganske und Bissinger dementierten gegenüber der Woche-Redaktion am Montag nachmittag, daß es schon feste Vereinbarungen über die konkrete Zusammenarbeit der Verlage gibt. Mit einer Ausnahme: Focus und Woche werden ab jetzt per Austauschanzeige füreinander werben – Woche für Woche. Eine redaktionelle Zusammenarbeit soll es aber nicht geben, und für mißtrauische Woche-Redakteure schob man noch die Information nach, der Deal sei an Focus-Chef Helmut Markwort vorbei eingefädelt worden. „Für seine 75 Redakteure werde sich nichts ändern“, sagte Chefredakteur und Herausgeber Bissinger der dpa. Ihre Arbeit bleibe von der neuen Brieftasche „vollkommen unabhängig“.

Weniger zufrieden dürften die über 100 Redakteure im Wartestand beim geplanten Bauer-Nachrichtenmagazin Ergo sein. Dort war Manfred Bissinger Wunschkandidat für die verwaiste Chefredaktion. Nachdem der nun einen anderen Partner gefunden hat, kommt Verlagseigentümer Heinz Bauer nach etlichen Nullnummern wirklich unter Zugzwang. Das Projekt einstellen oder durchstarten – aber mit welchem Chefredakteur?

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