: Ein Fall polizeilicher Fürsorge
■ Falschparker verhalf zwei Zehnjährigen zum richtigen Verständnis des Rechtsstaats / Wegen eines Kratzers im Auto mit auf die Wache genommen
Am Dienstag nachmittag saßen zwei völlig aufgelöste Mädchen auf der Holzbank der Steintor-Wache und die Polizei wartete darauf, daß die Mutter die Tür aufbrechen würde. Wie sowas kommen kann? Ganz einfach:
Irgendwie haben die beiden zehnjährige Farina P. und Wiebke B. sich am Dienstag mal wieder darüber geärgert, daß Autos auf Fußwegen ungehindert parken dürfen und die Polizei in aller Regel das übersieht. Und dann kratzte eine Pfennig-Münze an dem Lack entlang. Was die beiden nicht ahnten: Der PKW-Besitzer beobachtete den Fall von Sachbeschädigung, griff sich die beiden Mädchen zwecks Schadensersatzforderung und bestellt über die Notrufnummer 110 eine Polizeistreife.
Aus dem dummen Streich wurde damit eine Straftat: die Täterinnen wurden zur Feststellung der Personalien und Aufnahme eines Protokolls auf der Wache 6 vorgeführt. Anschließend wollte eine Polizeistreife die beiden StraftäterInnen nach Hause bringen und ihren Eltern übergeben, wie es bei Minderjährigen üblich ist eine reine Fürsorgemaßnahme, sagt der Poliziesprecher.
Nun war Farinas Mutter noch nicht zuhause, stellten die Beamten fest, als sie die Wohnung betraten. Als die Tür zugezogen war, stellten sie fest, daß der Schlüssel von innen steckte.
Was tun? Die Mädchen mußten wieder in den Streifenwagen, die Mutter war aber nicht mehr auf der Arbeitsstelle. Um die weinenden Mädchen loszuwerden, setzten sie die Beamten auf der Steintorwache auf eine Holzbank. Es dauerte einiges, bis die Mutter, die ja nicht in ihre Wohnung kam, ihre Wohnungstür aufgebrochen und dort die die Nachricht der Polizei vorgefunden hatte, sie möge bitte die Kinder endlich abholen...
Der Falschparker bekam übrigens keinen Strafzettel, um – wie der Polizeisprecher erklärte – die Situation nicht noch hochkochen zu lassen. ali
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