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Das BKA als Großdealer

■ 30 Tonnen Cannabis in die Niederlande geschmuggelt. In Wiesbaden ermittelt Staatsanwalt, in Den Haag ein Ausschuß

Berlin (taz/dpa) – Die Polizei als Großdealer: Das Bundeskriminalamt (BKA) hat gestern eingeräumt, vor drei Jahren 30 Tonnen „weicher“ Drogen wie Haschisch und Marihuana in die Niederlande eingeschleust zu haben. Aufgedeckt hat den tonnenschweren Deal die in Rotterdam erscheinende Zeitung NRC Handelsblad. Unter Berufung auf Polizeiquellen berichtete das Blatt, über Jahre hinweg habe das BKA zusammen mit dem Zentralen Kriminalamt der Niederlande (CRI) und der Drugs Enforcement Administration (DEA) der USA große Mengen Drogen auf dem niederländischen Markt angeboten.

Jetzt prüft die Staatsanwaltschaft Wiesbaden, ob es wegen der Drogenschieberei Anhaltspunkte für eine Straftat gibt. „Wir behalten die Sache im Auge und prüfen den Sachverhalt zunächst“, sagte der Sprecher der Wiesbadener Anklagebehörde, Hans-Josef Blumensatt.

Die 30 Tonnen Shit und Grass wurden der Zeitung zufolge 1992 der niederländischen Polizei in die Hände gespielt. Zuvor seien die Drogen von verdeckten BKA-Ermittlern per Schiff aus Pakistan geholt worden. Bei der Einfuhr in die Niederlande habe ein später ermordeter libanesischer Informant eine wichtige Rolle gespielt.

Wie das Handelsblad weiter berichtet, wird das Vorgehen des BKA möglicherweise einen zur Zeit in Den Haag tagenden Untersuchungsausschuß des Parlaments zu den Ermittlungsmethoden der niederländischen Polizei beschäftigen. Der Ausschuß-Vorsitzende Maarten van Traa habe angekündigt, Einzelheiten über die Rolle von BKA und DEA in Erfahrung bringen zu wollen.

Von einer illegalen Aktion will das BKA nicht reden. Im Gegenteil: Die Aktion sei mit den dafür zuständigen deutschen und niederländischen Behörden abgestimmt gewesen, erklärte gestern Sprecher Willi Fundermann. Wie andere Rauschgiftbekämpfungsbehörden führe auch das BKA sogenannte „kontrollierte Transporte“ durch. Diese Transporte, die unter „durchgängiger Kontrolle der Strafverfolgungsbehörden stattfinden“, hätten jeweils mit der Sicherstellung des Rauschgifts und der Festnahme der Hintermänner geendet. Fundermann zeigte sich zuversichtlich, daß das Vorgehen des BKA nicht nur durch nationales, sondern auch durch internationales Recht gedeckt ist.

Der Drogendeal der Bundeskriminaler wird nun im Bundestag ein Nachspiel haben. Manfred Such, innenpolitischer Sprecher der Bündnisgrünen, forderte die Bundesregierung gestern schriftlich auf, zu den Berichten aus den Niederlanden Stellung zu nehmen und offenzulegen, ob und welche Informationen die Regierung über vergleichbare Drogenimporte unter Mithilfe deutscher Sicherheitsbehörden hat. wg

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