piwik no script img

Skizzenhaft zerfallene Malerei

■ Die Galerie Munro zeigt neue Arbeiten von Günther Förg

Er lebt zurückgezogen in einer Schweizer Villa und erscheint möglichst nicht zu eigenen Ausstellungen: der deutsche Künstler Günther Förg. Seine international geschätzte Arbeit bezieht sich immer auf Architektur. Mit minimalistischen Farbakzenten betonen seine Wandbilder die Struktur von realen Räumen, während in seinen Bildern die Farben imaginäre Räumlichkeiten erschließen. Zwölf in diesem Januar gemalte Acryl-Bilder auf ungrundierter Leinwand und sechs Eitempera-Arbeiten auf kariertem Papier stellt die Galerie Munro gerade aus.

Die traditionellen Proportionsregeln, die Techniken der Abstrakten und die Sehweise der Minimalisten, sie alle sind nicht mehr hinterfragte Errungenschaften dieser Malerei. Der Umgang mit diesem Erbe ist so selbstverständlich geworden, daß manche in solchen Bildern nur noch schnödes Recycling sehen wollen. Doch Günther Förg gehört zu denen, die nicht müde werden, die Frage nach der Malerei an der Jahrtausendwende nochmals zu stellen.

Heraus kommen dabei Farbnotate, die an einen nervösen Clyfford Stills erinnern oder einen Monet der Jetztzeit. Die Bilder spielen mit der Grenze des Selbstverweises (Farbe auf Fläche) und einem vorgestellten Weltbezug (Blick aus dem Fenster). Da sind plötzlich Haus, Baum, Zaun, See zu erkennen. Liegende Findlinge oder schwimmende Seerosenblätter oder glühende Kohlen: Alles läßt ein Bild erkennen, falls der Blick durch es hindurch gewagt wird. Es bleibt dem Betrachter überlassen, die Wand aus dunklen, grünbemoosten Steinen mit rostigen Zementfugen zu sehen oder dunkelolive Farbproben im roten Raster.

Alle Bilder zeigen eine skizzenhaft zerfallene Malerei, die Günther Förgs Liebe zur Zeichnung auf Leinwand überträgt. Vielen Bildern haftet so etwas Vorläufiges an, scheinen sie doch wie Entwürfe einer noch nicht oder nicht mehr möglichen Malerei. An den großen holländischen Konstruktivisten Mondrian erinnern blaßfarbige Rastergitter in der Gitterrasterordnung einer Bildkomposition. So etwas wird in den Niederlanden verstanden: das Stedelijk Museum in Amsterdam widmet Günther Förg gerade ganze sechs Räume.

Hajo Schiff

Galerie Vera Munro, Heilwigstraße 64

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen