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Irans Außenminister soll nicht nach Bonn kommen

■ Bundestag fordert Außenminister Kinkel auf, Welayati von der geplanten Islam-Konferenz auszuladen. Erste Abstimmungsniederlage der Regierung

Bonn (AP) – Der Bundestag hat die Bundesregierung aufgefordert, den iranischen Außenminister Ali Akbar Welayati von der geplanten Islam-Konferenz auszuladen. Ein entsprechender Vorstoß von Bündnis 90/Die Grünen und der SPD wurde gestern mit 268 Jastimmen gegen 225 Neinstimmen gebilligt. In dem Antrag heißt es, der Vertreter eines Regimes, dessen Präsident den Mord an Jitzhak Rabin als „Strafe Gottes“ rechtfertige, sei nicht willkommen. Es ist die erste Abstimmungsniederlage der Regierungskoalition im Bundestag seit den Wahlen 1994. Kinkel wollte daraufhin die Konferenz verschieben. Er dementierte jedoch, seinen Rücktritt angeboten zu haben.

Zwar mißbilligten auch Union und FDP die Äußerungen des iranischen Präsidenten schärfstens, wollten aber lediglich eine eindeutige Erklärung der iranischen Regierung verlangen. Eine erste Abstimmung im Bundestag brachte keine klare Mehrheit. Erst ein „Hammelsprung“ – die Parlamentarier verlassen den Sitzungssaal und kommen durch die Türen mit den Aufschriften „Ja“, „Nein“ und „Enthaltung“ wieder herein – führte dann zur Abstimmungsniederlage der Koalition.

Der Sprecher der Grünen-Fraktion, Joschka Fischer, hatte ein „deutliches Signal“ gegen das Teheraner Regime gefordert. Niemand dürfe den Mord an dem israelischen Premier rechtfertigen. Entweder müsse das Parlament die Regierung auffordern, Welayati auszuladen, oder Kinkel müsse dies sofort öffentlich ohne Aufforderung tun. Kinkel sagte daraufhin: „Ich wünsche mir, daß der iranischen Regierung die Chance einer Korrektur gegeben wird.“ Doch auch Kinkels Fraktionskollegen hatten Probleme damit, lediglich eine Erklärung von der iranischen Regierung zu fordern. Ulrich Irmer erklärte, es gebe in seiner Fraktion viel Sympathie für den Antrag der Opposition.

Für die SPD erklärte Günter Verheugen, die Zeit sei gekommen, wo „deutliche Signale vonnöten sind“. Der iranischen Regierung müsse ein „klares und deutliches Stoppsignal“ gezeigt werden.

Kinkel hielt dem entgegen: „Eine Politik der Isolierung wäre falsch.“ Beim kritischen Dialog mit der iranischen Regierung seien durchaus Fortschritte zu verzeichnen. Selbst im Fall des Schriftstellers Salman Rushdie, gegen den ein Tötungsbefehl verhängt worden war, gebe es Fortschritte. Einzelheiten könne er aber nicht nennen.

Zu der zweitägigen Konferenz „Europa und die islamische Welt“ waren zahlreiche Außenminister der islamischen Welt eingeladen worden. Mit der Konferenz wollte Kinkel die objektive Auseinandersetzung und den offenen Dialog zwischen islamischer und westlicher Welt fördern und zum Abbau von Feindbildern beitragen.

Unterdessen deutet sich ein neuer Konflikt zwischen den USA und den westeuropäischen Staaten um die Iran-Politik an, weil die US- Regierung ihre Handelssanktionen gegen Teheran verschärfen will. Der Statssekretär im Washingtoner Außenministerium erklärte, hierzu gehöre die Bestrafung ausländischer Unternehmen, die iranisches Gas oder Öl kauften.

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