: Links-antiklerikale Dumpfnasenmanier
■ betr.: „Halleluja für einen Glauben mit Köpfchen“, taz vom 7. 11. 95
[...] Ich war gespannt auf die Gedanken eines offensichtlich progressiven Menschen, der einen institutionalisierten Gottesglauben vertritt. Das wäre hoch interessant geworden, wäre das Interview nicht in typisch links-antiklerikaler Dumpfnasenmanier geführt worden. Offensichtlich haben die Interviewenden überhaupt nicht gemerkt, daß sie nur durch ihr Beharren darauf, im Besitz der aufklärerischen Position zu sein, in keinster Weise vernünftiger argumentieren.
Wo Huber differenziert und geistvoll argumentiert, haut Ihr mit Beißkrampfschlagworten zu. Und zum guten Schluß noch ein Tätscheln auf die eigene Schulter mit dem Ruhm vergangener Zeiten. Meiner Ansicht nach unterschätzt Ihr den Anteil kirchlicher Engagierter an Euren Lesern, und meiner Ansicht nach haben manche bei Euch ihre Pupertät noch nicht ganz überwunden. Anders kann ich ein so eitles und deplaziertes Bedürfnis zu provozieren nicht deuten. [...] Tilman Schnauder, Berlin
[...] Bischof Huber hat sich redlich, aber ohne Erfolg, bemüht, seinen Interviewpartnern klarzumachen, worum es ihm geht. Er hat deutlich von seinen Visionen gesprochen und davon, welche Inhalte er sich für die Kirchenarbeit denken kann, zum Beispiel Beiträge zum Diskussionsprozeß der wirtschaftlichen und sozialen Lage in Deutschland, zur Asyl- und Ausländerproblematik. Er wünscht sich eine Kirche, die nicht vor politischen Tabus haltmacht, sondern sich einmischt. Er spricht von den Werten, die eine solche lebendige und sich einmischende Kirche den Menschen vermitteln könnte. Werte, die die Menschen eben nicht nur zum Beten auffordern, sondern ebenfalls zur politischen Einmischung, zum Eintreten für Asyl, zum Neinsagen gegen Naturzerstörung und Ausbeutung der vielen Armen in den Ländern des Südens und bei uns.
Aber er hat in den Wind gesprochen: Seine Interviewpartner waren von vorgefertigten Meinungen durchdrungen, unfähig zu hören, was er sagte, zu dumm und zu arrogant, um zu verstehen, nur begierig darauf versessen, sich selbst zu produzieren. [...] Renate Jahr, Oberschließheim
[...] Mit der wohl gewollten Plattheit der Fragen habt Ihr einmal wieder mehr unter Beweis gestellt, was eh jede(r) schon weiß: Bezüglich der Kirche seid Ihr selbstgenügsam und unreflektiert einer Ideologie in voraufklärerischer Weise aufgesessen. Niemand sonst, der einen intellektuellen Anspruch vertritt, der über dem der Bild-Zeitung rangiert, kann sich heute eine derart unbekümmerte Schwarzweißmalerei erlauben. Da kann Herr Huber sagen, was er will, Ihr wußtet schon vorher, was von „der Kirche“ (wozu Differenzierungen?) zu halten ist. [...]
Schade, denn die kritische Christenheit, die christlichen Asyl- und Dritte-Welt-Gruppen, die christlichen Umweltgruppen etc. werden weiter auf Euch und Eure in anderen Bereichen gut recherchierten Berichte angewiesen sein. Kritische, zynische, polemische Berichte über die Kirche wird Euch sicher keiner übelnehmen, wenn ein Mindestmaß an Niveau und Information gewährleistet ist. [...] Norman Tendis, evangelischer
Theologiestudent, Heidelberg
Die Feststellung „Die taz-Überschrift ,Bayern ohne Balkensepp‘ war geschmacklos und falsch“, kann ich nur unterstützen. Die Eröffnungsfrage, die heidnischen Leserinnen betreffend, empfinde ich auch als ziemlich provozierend, da ich überzeugte Christin bin, katholische Religionslehrerin und aus dieser Überzeugung grüne Kommunalpolitikerin. Da mir dieser „Balkensepp“ die Hoffnung und Kraft gibt, aus der ich lebe und mich politisch im nahezu aussichtslosen Kampf engagiere, sehe ich es als schlechtesten menschlichen Stil an, wenn eine Zeitung, die ich unterstütze, sich auf ein solch primitives Niveau herabläßt. Margret Schramm,
Friedrichshafen
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