: Studenten gegen „Zwei-Klassen-Uni“
■ Bundesweite Proteste gegen Pläne von Uni-Gebühren / Rektoren suchen Ausweg aus Finanz-Loch
„Gegen eine Zwei-Klassen-Uni“, „Uni-Deform - Wahnsinn mit Methode“ oder: „Laßt euch nicht verRüttgern“, „1000 Mark Studiengebühren – ich kauf mir einen Doktorhut“, mit solchen Parolen zogen gestern weit über tausend StudentInnen von der Uni zum Bremer Marktplatz. Der Anlaß der Protest-Demonstration tagte in Bonn: 240 Rektoren der Hochschulen. Sie trafen noch keine Entscheidung, sondern diskutierten das Modell in einer ersten Lesung. HRK-Präsident Hans-Uwe Erichsen sprach vor dem Tagungsort mit den demonstrierenden Studenten und machte dabei erneut auf die schwierige Finanzlage der Hochschulen aufmerksam. Ein Student durfte anschließend zu den Rektoren sprechen. Teilnehmer berichteten, es gebe derzeit innerhalb der Rektorenkonferenz eine knappe Mehrheit für das Gebührenmodell.
Mit 1.000 Mark Studiengebühr pro Semster wollen die Rektoren wenigstens ein Teil des Finanzlochs der Hochschulen stopfen, das allein für 1996 mit sechs Milliarden Mark beziffert wird. Nach dem Modell, das auch in der HRK umstritten ist, wird jeder zweite Student „zahlungspflichtig“. Für die anderen, einkommensschwächeren Studenten, soll der Staat die Gebühren übernehmen.
Das sei ein „Einstieg in die Privatisierung des Bildungssystems“, kritisierten die Studenten auch in Bremen. In Irland würden die Gebühren gerade abgeschafft, um den Zugang zu höherer Bildung zu erleichtern.
Ein Student verlas eine Erklärung der Bremer SPD-Fraktion, die die Gebühr als „Umverteilung zu Lasten der kleinen Steuerzahler“ ablehnt. Die SPD-Fraktion forderte die Studenten zu heftigem Protest auf, „damit auch das Bundesland Bremen die pläne ablehnen kann und sich nicht enthalten muß“, formulierte die SPD-Fraktion suffisant.
Im Bundesrat müßte Bremen sich enthalten, wenn die CDU nicht gegen die Gebühren wäre und die Koalition damit uneinig. Aber auch CDU-regierte Bundesländer sind nicht für die Studiengebühren: Der Bayerische Kultusminister Hans Zehetmair nannte den Plan eine „unnötige Provokation“ zur Verunsicherung der Studenten und warnte vor einem „sozialen Numerus clausus“. Für Bayern sei die Einführung von Studiengebühren kein Thema, so lange nicht gleichzeitig auch das Stipendienwesen entsprechend ausgebaut werde. Baden-Württembergs Wissenschaftsminister Klaus von Trotha (CDU) sagte, die Gebührenvorschläge würden in seinem Land solange nicht aufgenommen, wie die Hochschulen mit ihren Mitteln auskämen. Zusätzliche Gelder könnten sie allerdings nicht erwarten.
Die NRW-Wissenschaftsministerin Anke Brunn bezeichnete die Gebührenforderungen als „unverständlich“.
Innerhalb der Grünen waren in jüngster Zeit verschiedene Modelle diskutiert worden, über eine nachträglich zu zahlende Akademikersteuer oder Abgabe die Studenten stärker an den Kosten ihres Studiums zu beteiligen.
Parteivorstand und Bundestagsfraktion der Grünen haben sich jetzt aber klar gegen Studiengebühren und die Verzinsung des BAföG ausgesprochen. Studiengebühren seien kein geeignetes Mittel, das für den Ausbau der Hochschulen benötigte Geld zu beschaffen, sagte Regine Barth, hochschulpolitische Sprecherin des Parteivorstandes. Auf ihrem Bundesparteitag Anfang Dezember in Bremen wollen die Grünen über die Einführung eines Berufsausbildungsförderungsfonds als Alternative zum BAföG beraten. Nach den Worten der Bundestagsabgeordneten Simone Probst ist geplant, über diesen Fonds Studenten für zwölf Semester monatlich 1.000 Mark bereitzustellen. Nach dem Studium sollen die Betroffenen das Geld über 25 Jahre in monatlichen Raten zurückzahlen. Die Raten sollen maximal fünf Prozent des Einkommens ausmachen. Diese Refinanzierung sei sozial verträglicher als feststehende Zinsen.
An einer am Montag spontan einberufenen Protestkundgebung des Bonner AStAs anläßlich der Rektorentagung nahmen rund 1.000 StudentInnen teil. K.W.
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