: Windräder statt Strommasten
NRW: Rot-grüne Landesregierung will zu „neuen Ufern“ aufbrechen ■ Aus Düsseldorf Walter Jacobs
Die rot-grüne Koalition in Düsseldorf will künftig bei der Förderung regenerativer Energiequellen und beim Energiesparen beispielhaft vorangehen. Im kommenden Jahr sollen die Fördermittel dafür von 62 Millionen Mark (1995) auf 104,8 Millionen aufgestockt werden. Eine Energiewende in NRW ist nach den Worten des grünen Bauministers Michael Vesper „nötig und möglich“. Sie auf den Weg zu bringen sei das „zentrale Anliegen dieser Koalition“.
Das sieht der SPD- Wirtschaftsminister Wolfgang Clement, der gestern gemeinsam mit Vesper die neuen energiepolitischen Maßnahmen der Presse vorstellte, ähnlich. Wie Vesper glaubt auch Clement, daß NRW zu einem „Trendsetter“ auf dem Weg zu einer alternativen Energiepolitik wird. Beide wollen „eine Offensive für die erneuerbaren Energien, um diesen Energien in NRW zum Durchbruch zu verhelfen“.
Mit einer „Landesinitiative Zukunftsenergien“ soll vor allem die technische Entwicklung der Solar- und Windenergieerzeugung gefördert und bis zur Markteinführung vorangetrieben werden. Den Kritikern von Windkraftanlagen hielt Vesper die Naturzerstörungen bei der herkömmlichen Energieversorgung entgegen. Eine Gesellschaft, die eine Million Hochspannungsmasten dulde, „sollte auch umweltfreundliche Windkraftanlagen akzeptieren“.
Neben dem Energiesparen und dem Einsatz von regenerativen Energien warb Clement erneut dafür, auch künftig die heimische Stein- und Braunkohle zur Stromgewinnung „klimaverträglich und so rationell wie möglich zu nutzen“. Auf absehbare Zeit könne auf „die heimische Kohle nicht verzichtet werden“ – es sei denn um den Preis von Importkohle oder Kernenergie.
Hinsichtlich des umstrittenen Braunkohletagebau Garzweiler II beließen es die beiden Minister dabei, noch einmal ihre unterschiedlichen Positionen zu verkünden. Einig sind sich laut Clement jedoch beide Koalitionspartner über die Notwendigkeit fossile Energieträger zu ersetzen – schon aus Klimaschutzgründen. Meinungsunterschiede gebe es nur über den Zeithorizont. Während die Grünen glauben, daß durch die nun eingeleiteten Maßnahmen Garzweiler II zur Stromversorgung zumindestens in dem geplanten Umfang nicht mehr gebracht wird, erwartet Clement wesentlich kleinere Substitutionserfolge.
„Offensiv“ soll künftig das Programm zur Förderung der „rationellen Energieverwendung und Nutzung unerschöpflicher Energien“ (REN) mit der Bau- und Wohnungspolitik verknüpft werden. Dabei will Vesper vor allem den Bau von Niedrigenergiehäusern auf breiter Front fördern. Bis zum Jahr 1998 will er die Förderregeln so ändern, daß dann „nur noch Wohnungen gefördert werden, die den Niedrigenergiehausstandard einhalten“. Weil der Wohnungsneubau aber nur ein Prozent des Wohnungsbestands ausmacht, will die Düsseldorfer Landesregierung mit erheblichen Mitteln die „energetische Nachrüstung“ fördern. Dazu sollen im nächsten Jahr 125 Millionen Mark zusätzlich eingesetzt werden.
Das schon von der SPD-Alleinregierung auf den Weg gebrachte „REN-Programm“ wird 1996 um 44 Prozent auf 43,8 Millionen Mark aufgestockt. Damit werden Sonne-, Wind-, Wasser- und Biogasanlagen auf breiter Front gefördert. 16.000 Vorhaben wurden bisher mit 220 Millionen Mark finanziert, 6.000 Anträge liegen vor.
Dennoch wird das Land auch in Zukunft weit mehr Geld für die Kohleförderung ausgeben. Allein für die Steinkohle sind im nächsten Jahr wegen eingegangener Verpflichtungen rund 1,3 Mrd. Mark fällig. Die beiden Minister sprachen gestern mit Blick auf Bonn gleichwohl von „einem deutlichen Signal für die Energiewende“ in NRW. Die neue Koalition leite einen „erheblichen Umsteuerungsprozeß“ ein. Während Bonn die erneuerbaren Energien in den Jahren von 1995 bis 1998 insgesamt mit nur 100 Mio. Mark fördere, gebe das Land allein im nächsten Jahr für die Breitenförderung nach dem „REN-Programm“ zirka 40 Mio. Mark aus. Clement wörtlich: „Wir tun außerordentlich viel.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen